future!publish

Schwerpunkt: Innovation

14. Februar 2022
von Detlef Bluhm

Der Name der 7. future!publish bleibt Programm: Auf dem größten Kongress zur Digitalisierung der Buchbranche im deutschsprachigen Raum mit diesmal knapp 350 Teilnehmer:innen standen Themen zu innovativen Prozessen, Geschäftsideen und best-practice-Beispielen im Mittelpunkt des zweitägigen digitalen Meetings.

Die 25 Vorträge und Workshops des zweitägigen Kongresses verteilten sich auf drei Themenkomplexe, die man kurzgefasst so benennen könnte: Innovation, Arbeit und verkaufsorientierte Geschäftsprozesse, die Hälfte davon lässt sich dem Thema Innovation zuordnen. Zum 4. Mal wurde der Deutsche Buchtrailer Award verliehen. Neben dem Grußwort von Peter Kraus vom Cleff und der Keynote von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gab es Branchenspeeddatings, einen Schreibworkshop, eine Lesung mit Sophia Fritz und Martin Bechler, zur Entspannung Yoga, ein digitales Networking-Café, Musik von Blindsmyth und ein freestyle-Workshop-Angebot in mehreren Gruppen, zu dem die Teilnehmenden im Vorfeld Themen einreichen konnten – also ein volles, abwechslungsreiches und spannendes Gesamtprogramm.

Digitale Zusammenarbeit und CO2-Fußabdruck

Nach nun fast genau zwei Pandemiejahren und damit einhergehender allgemeiner digitaler Aufrüstung sammelte ein Workshop Hinweise und Meinungen zum Thema »Darum lieben wir digitale Zusammenarbeit«. Die Moderatoren Roland Große Holtforth (Literaturtest), Stefanie Herr (Börsenverein), Carmen Udina (IG Digital) und Hermann Eckel (Tolino) machten gleich zu Beginn deutlich, dass sie in diesem Workshop keine Meckerecke aufmachen, sondern zusammentragen wollten, welche Vorteile die von Monat zu Monat zunehmenden Zusammenarbeit im digitalen Raum (Zoom & Co.) genau gebracht hat. Mit der hierzu genutzten digitalen Pinnwand MURAL waren die über 50 Teilnehmenden so vertraut, dass sich in wenigen Minuten die Pinnwände zu den Themen Processes, Products und People füllten. Nach gut 100 Minuten Workshop stand fest, dass die Vorteile digitaler Zusammenarbeit als erheblich empfunden werden. Zeiteffizienzen, Kostensenkungen, effektivere Recruiting-Prozesse, transparentes und kollaboratives Arbeiten, interaktivere Meeting-Kultur und viele andere Vorteile wurden genannt und im Ergebnis war man sich schnell einig, dass die digitale Zusammenarbeit auch in nachpandemischen Zeiten ihren Stellenwert behalten wird. Zumal man sich inzwischen an Meetings mit Teilnehmenden an verschiedenen Standorten gewöhnt hat. Die Meinung, dass man mit den digitalen Meetings auch einen Beitrag zum Umweltschutz leistet, wurde allerdings nicht hinterfragt. Was angesichts des CO2-Fußabbdrucks des digitalen Weltgeschehens etwas verwundert. Aber dazu gab es ja auch den Vortrag »Wie praktische Nachhaltigkeit funktioniert« von Kay Hedrich (Matabooks).

Metaversum wird kommen

Einen sehr mutigen Blick in die Zukunft warfen die Studierenden Sina Holler, Sandra Sprunghofer, Tom Treybig und Janin Winkler von der HTKW Leipzig, angenehm zurückhaltend assistiert von ihrem Professor Friedrich Figge. Ihr Vortrag »Der zukünftige Buchmarkt im Metaverse« mit über 70 Teilnehmenden (bei insgesamt 4 parallel angebotenen Veranstaltungen!) zählte zu den bestbesuchten Sessions der diesjährigen future!publish. Das sehr agile Quartett gab in 45 Minuten nicht nur einen sehr fundierten Einblick in die Funktionsweise und Tools des Metaversum, es stellte auch Ideen zu möglichen zukünftigen Erlösmodellen für Verlage und Buchhandlungen vor. Das Fazit der Studierenden: Nicht nur die zig-Milliarden-Investitionen der globalen Internet-Konzerne sind ein Indiz dafür, dass das Metaversum kommen wird – und vermutlich wieder einmal schneller als erwartet und ob wir es wollen oder nicht. Unsere Branche wäre also schlecht beraten, würde sie sich nicht rechtzeitig mit kreativen Geschäftsmodellen darauf einstellen.

Kalkulation von Nachauflagen

So kompliziert die oben abgebildete Formel auch aussehen mag (und das ist Julia König von der KI-Schmiede Ehrenmüller zufolge nur eine abgespeckte Version des tatsächlichen Algorithmus) – es ging in der o.g. Session um eine ganz einfache und im Verlagsalltag trotzdem unglaublich schwierige Frage: Wie hoch soll die Nachauflage eines Titels kalkuliert werden? Über die Unterstützung einer KI bei dieser Frage berichteten und diskutierten Michael Griesinger und Dominik Huber (Pondus), Andreas Falkinger (Klett-Cotta) sowie die schon erwähnte Julia König. Klett-Cotta ist beim Versuch, diese KI zu verbessern quasi der Sparringspartner von Pondus und Ehrenmüller, und bei aller Begeisterung für ein solches Tool ließ Andreas Falkinger keinen Zweifel daran aufkommen, dass letztlich der Mensch mit seinen Erfahrungen und Kenntnissen das letzte Wort haben müsse. Allerdings könne die KI – mit unglaublich vielen Daten gefüttert – in vielen Fällen heute schon recht brauchbare Hinweise geben. Allerdings kann die KI Einflüsse von Rezensionen und Social Media-Erwähnungen bisher nicht in ihre Berechnungen einbeziehen. Dieser Einwand von Teilnehmenden führte zu der Idee, den Traffic auf der eigenen Homepage zu bestimmten Titeln mit in die Formel zu nehmen. Schließlich würden mediale Erwähnungen auch die Visits auf der Homepage verstärken.

Deutscher Buchtrailer Award

Die von Jördis Schmid-Meil souverän moderierte Verleihung des Deutschen Buchtrailer Awards begann mit einer Nennung und Präsentation außer Konkurrenz. Die Einreichung des Trailers von KiWi zum Roman »Wie alles begann und wer dabei umkam« von Simon Urban war mit 3 Minuten 17 zu lang und eigentlich kein »richtiger« BuchTrailer, hat der Jury aber so dermaßen gut gefallen, dass er diese Sondererwähnung fand. Der diesjährige Gewinner in der Kategorie Erwachsene ist aber der Trailer zum Buch »Die Bake« von Brandon Q. Morris (Verlage Belle Epoque).

In der Kategorie Kinder und Jugendliche konnte der Trailer zum Buch »Tschakka! – Huhn voraus« von Mara Andeck (Text) und Phine Wolff (Illustration) überzeugen (Verlag Fischer KJB). Bleibt noch der Hinweis auf den vom BuchJournal ausgelobten Publikumspreis, der an den Wagenbach Verlag für den Titel »Der kühnste Plan seit Menschengedenken« von Matthias Lohre ging.

Kurzum: Der in diesem Jahr wieder einmal digital durchgeführte Kongress hat sich gelohnt, um die Zukunft der future!publish braucht man sich nicht zu sorgen. Dennoch wäre es schön, wenn man sich im kommenden Jahr wieder live in Berlin treffen könnte.