Ende November schließen die letzten Läden

LesensArt wird abgewickelt

28. Oktober 2015
von Börsenblatt
Das endgülige Aus für die insolvente Buchhandlung LesensArt, schon seit einiger Zeit vermutet, ist besiegelt: Die Betriebsstilllegung erfolgt zum 30. November, bestätigt der Gesamtbetriebsrat. Zu diesem Termin werden die restlichen 29 Filialen geschlossen, für die Mitarbeiter soll eine Transfergesellschaft kommen. Die Mitarbeiter könnten zudem laut GBR prüfen, ob ein nachträglicher Widerspruch gegen den Betriebsübergang von Weltbild zu LesensArt eine Option wäre.

In einer Pressemitteilung bestätigt der Gesamtbetriebsrat von LesensArt, dass er mit dem Insolvenzverwalter am 26. Oktober einen Interessenausgleich und Transfersozialplan beschlossen sowie unterschrieben hat. Die Transfergesellschaft (TG) für die bereits freigestellten Mitarbeiter soll zum 1. November starten, für die im November noch beschäftigten Mitarbeiter zum 1. Dezember.

Weiter heißt es in der Mitteilung des Gesamtbetriebsrats: "Die Profilingseminare, die Voraussetzung für den Übergang in die TG sind, laufen seit dem 27.10.2015." Nach Abschluss dieser Seminare werde sich am Freitag dann endgültig entscheiden, ob eine Transfergesellschaft zustande kommt oder nicht. "Dies hängt davon ab, wie viele Mitarbeiter in die TG eintreten wollen."

Die Höhe der Insolvenzmasse erlaube leider nur relativ kurze Laufzeiten der TG. "Sie betragen je nach individueller Kündigungsfrist der Mitarbeiter, zwei, drei oder vier Monate (jeweils ein Monat mehr, als die Kündigungsfrist) bei 80 Prozent des letzten Gehaltes. Zum Vergleich: der Transfersozialplan bei Weltbildplus im vergangenen Jahr legt eine Laufzeit von 12 Monaten bei 90−100 Prozent des letzten Gehaltes fest!"

Alle Mitarbeiter, die nicht in TG eingetreten sind, werden zum 1. Dezember wegen Masseunzulänglichkeit unwiderruflich freigestellt und somit arbeitslos, so der Gesamtbetriebsrat.

Aufgrund dieser wenig positiven Aussichten, stelle sich nach wie vor vielen Mitarbeitern von Lesensart die Frage, "ob nicht ein nachträglicher Widerspruch gegen den Betriebsübergang von Weltbildplus zu Lesensart eine ernstzunehmende Option" wäre. "Dies ist nach Überzeugung von Juristen und Sachverständigen auch nach Beendigung der Transfergesellschaft noch möglich." Den Widerspruch muss jeder Mitarbeiter selbst einlegen, der GBR könne allerdings beratend zur Seite stehen.

Insolvenzverwalter Ulrich Zerrath sagte gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" (Artikel vom 28. Oktober: "Lesensart macht dicht"), dass er keine Chance mehr sehe, die Läden weiterzuführen. Interessenten hätte es nicht gegeben. Ein weiteres Problem: Hauptmieter der meist sehr teuren Standorte sei Weltbild geblieben. Als verbleibende Hauptgläubiger nennt Zerrath Weltbild und die Mitarbeiter, Kreditinstitute seien nicht beteiligt.

Für die nächsten Wochen kündigt Zerrath einen Räumungsverkauf an, schreibt die SZ. Die Beschäftigten würden ihre Kündigungen erhalten, insgesamt sollen 175 Mitarbeiter in eine Transfergesellschaft wechseln. Die Gehälter im Oktober sind bereits gezahlt, berichtet der GBR, die Auszahlung der Novembergehälter habe der Insolvenzverwalter ebenfalls garantiert.

Im Interview mit dem Börsenblatt hatte Weltbild-Geschäftsführer Sikko Böhm vor Kurzem erklärt, das Konzept von LesensArt hätte ursprünglich überzeugt − "sonst hätten wir nicht an Rüdiger Wenk verkauft". Er fügte an: "Und ab dem Zeitpunkt ist das ein Thema von Lesensart und nicht mehr von Weltbild." Auf die Frage nach den Mietverträgen, die ja weiter auf Weltbild liefen, und einer möglichen Übertragung antwortete er: "Wir sind auf einem guten Weg, dass Weltbild bald nicht mehr Mieter von Filialen ist, die es nicht betreibt." Man arbeite in dieser Frage konstruktiv mit den Vermietern und dem Insolvenzverwalter zusammen, heißt es auch in einer Weltbild-Stellungnahme von heute (28. Oktober). Mehr könne man aktuell im laufenden Verfahren dazu nicht öffentlich sagen, so eine Sprecherin. Mit dem Geschäftsbetrieb von LesensArt habe es seit dem Verkauf keine Berührungspunkte gegeben.

Hintergrund

Am 1. Oktober wurde das Insolvenzverfahren gegen die Buchhandlung LesensArt Rüdiger Wenk GmbH eröffnet. Ein Handelsregister-Eintrag, datiert auf den 7. Oktober, gibt bereits die Auflösung der Gesellschaft bekannt.

Erst im März war gemeldet worden, dass die Buchhandlung LesensArt Rüdiger Wenk rückwirkend zum 1. Februar 67 Weltbild-Filialen übernommen hat. Bereits im Mai wurden erste Läden geschlossen, nahezu im Wochentakt folgten weitere. Ende Oktober sind noch 29 übrig. Der Gesamtbetriebsrat hatte schon im Juni befürchtet, dass die Abwicklung aller Filialen immer wahrscheinlicher werde.

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Update 29. Oktober: Stellungnahme des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter Ulrich Zerrath bestätigt in einer Presseinformation, dass der Geschäftsbetrieb von LesensArt zum 30. November endgültig eingestellt wird. Ab dem 1. November werde ein Räumungsverkauf in sämtlichen Filialen durchgeführt. Der Geschäftsbetrieb umfasse derzeit noch 29 von ursprünglich 67 Filialen, die LesensArt im Februar 2015 von der Weltbild Plus Medienvertriebs GmbH & Co. KG übernommen habe.

Die verbliebenen Mitarbeiter hätten zwischenzeitlich durch den Insolvenzverwalter die Kündigung erhalten, wobei 175 Voll- und Teilzeitkräfte zum 1. November beziehungsweise 1. Dezember in eine Transfergesellschaft wechseln sollen. Zerrath fährt fort: "Der Lohnanspruch der Arbeitnehmer für den Monat Oktober 2015 wurde bereits zur Auszahlung gebracht. Löhne und Gehälter für den Monat November 2015 sind über die vorhandene Insolvenzmasse gesichert."

Ein Verkauf des Geschäftsbetriebs sei am Mangel an Investoren für einen stationären Buchhandel an den durch die Buchhandlung LesensArt betriebenen Filialen gescheitert, sowie am "Umstand, dass bestehende Mietverträge der Filialstandorte ausnahmslos bei der Verkäuferin der Standorte, der Weltbild Plus Medienvertriebs GmbH & Co. KG, verblieben waren". Deswegen hätte die Buchhandlung LesensArt hier auch keine aktive Einflussnahmemöglichkeit auf eine eventuelle Übertragung von Nutzungsrechten der Filialstandorte nehmen können.