Börsenverein rügt Amazon

"Steuerschwenk ist Augenwischerei"

27. Mai 2015
von Börsenblatt
Vom Steuer-Buhmann zum Steuer-Vorbild? Seit Mai 2015 versteuert Amazon seine in Deutschland erwirtschafteten Gewinne nach eigenen Angaben in Deutschland. Mit der geänderten Steuerpolitik reagiere der Konzern laut Stellungnahme des Börsenvereins jedoch nur auf den zunehmenden Druck der EU-Kommissare.

"Das ist reine Notwehr. Amazon ist gezwungen zu handeln, denn die EU-Kommission schließt nach und nach alle Steuerschlupflöcher in Europa", sagt Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. Unterm Strich werde der deutsche Fiskus allerdings nichts davon haben. "Amazon verfolgt eine aggressive Expansionspolitik, investiert seinen Gewinn in den Ausbau der Marktmacht und Marktkontrolle. Doch wer keine Gewinne macht, wird auch keine Körperschaftssteuer zahlen müssen."

Stattdessen investiere Amazon in Osteuropa und eröffne für den Vertrieb nach Deutschland Versandzentren in Polen und Tschechien, rechnet der Verband vor. Dabei erwarte das Onlineunternehmen, dass deutsche Verlage und Zwischenbuchhändler kostenfrei zu den ausländischen Logistikzentren liefern. "Damit bürdet Amazon seinen Geschäftspartnern höhere Logistikkosten auf, profitiert aber selber von den deutlich niedrigeren Lohnkosten und Steuerermäßigungen in den osteuropäischen Ländern. Das ist inakzeptabel", so Skipis. Zudem stoße der Online-Händler dort auf geringeren gewerkschaftlichen Widerstand als in Deutschland. "Die ökologischen Folgen sind unverantwortlich: Bücher an deutsche Kunden werden zum Teil 1.000 Kilometer und mehr nach Osteuropa und wieder zurück transportiert."