Bündnisse statt Konkurrenz

Book meets Game auf der Gamescom

7. August 2015
von Börsenblatt
Laut, groß, spektakulär - noch bis Sonntag geht in Köln die Gamescom über die Bühne. Unter dem Stichwort "crossmediales Storytelling" brachte die Frankfurter Buchmesse Verleger und Gamer auf der Messe zusammen. Von Minecraft (Schneiderbuch) bis Markus Heitz (Piper) stellt boersenblatt.net Ihnen gelungene Kooperationen vor.

Am Mittwoch fand sich zum zweiten Mal im Rahmen der Gamescom (5. - 9. August) auf Einladung der Buchmesse Frankfurt und dem Bundesverband Interaktiver Unterhaltungssoftware (BIU) eine ausgewählte Gruppe von Verlegern und Programmverantwortlichen zusammen, um sich über die Möglichkeiten des crossmedialen Storytellings zu informieren, zu netzwerken und sich von der innovativen und schnelllebigen Gamesbranche anstecken zu lassen. Ganz so wendig ist die Kooperation der zwei Branchen allerdings nicht, wie Maximilian Schenk, Geschäftsführer des BUI beim gemeinsamen Pressetermin mit der Frankfurter Buchmesse und ausgewählten Medienvertretern feststellte: „Was die Zusammenarbeit der Branchen angeht, kann man meiner Erfahrung nach unglaublich viel drüber reden, aber es passiert nur in kleinen Schritten und es ist Schritt für Schritt hartes Arbeiten, um zu ermöglichen, dass man zueinander findet.“

Das Potenzial für die Buchbranche

Doch die Branchen finden tatsächlich langsam zusammen: Die Erfahrungen der Zusammenarbeit sind spärlich, aber es gibt sie. Prominente Beispiele der letzten Zeit sind unter anderem die Handbücher zum Spielehit Minecraft, die von Schneiderbuch herausgegeben werden. Am Beispiel der Ratgeber zum Open-World-Game wird deutlich, welches Potenzial sich für die Buchbranche aus dem stabilen Wachstum der Gamesindustrie ergibt: Der BIU veröffentlichte zum Computer- und Videospielemarkt Ende Juli die Zahlen des ersten Halbjahres und stellte fest, da geht sogar noch was. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 534 Millionen Euro mit dem Verkauf von Spielen umgesetzt – ohne die Umsätze mit virtuellen Gütern und Zusatzinhalten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das eine Steigerung von 3 Prozent. Nach einer Marktbefragung in Kooperation mit der GfK wagt der Verband die Prognose, dass der Gesamtmarkt die Schwelle zum zweistelligen Wachstum durchbrechen und bei einem optimalen Verlauf des weiteren Jahres das Wachstum von 11 Prozent aus dem Vorjahr überschreiten könne.

Lübbes Mammutprojekt

In der Spieleentwicklung sind die Augen momentan auf Bastei Lübbe gerichtet. Die Verlagsgruppe erwarb im letzten Jahr die Mehrheitsbeteiligung am Hamburger Spieleentwickler Daedalic Entertainment, einem der besten Entwickler und Publisher der Branche. Aus dieser Kooperation heraus soll aus Ken Folletts Longseller „Die Säulen der Erde“ möglichst ein genauso großer Spielehit in 2D werden. Das narrative Adventurespiel soll vorlagengetreu umgesetzt werden und auch der Autor selbst ist in die momentane Präproduktion involviert. Auf der Buchmesse wird es zu einem weiteren Novum kommen: Ken Follett wird das Spiel, das sich bis Ende des Jahres noch in der Präproduktion befindet, auf der Frankfurter Buchmesse vorstellen, es soll 2017 in den Handel kommen.

Markus Heitz stellt das Spiel „Die Zwerge“ vor

Die bekannte Reihe „Die Zwerge“ von Bestsellerautor Markus Heitz wurde zwar auf dem Verlegertreffen nicht thematisiert, war aber für die Fans der Reihe ein Highlight auf der Gamescom. Am Donnerstag stellte er der Presse und Fans das dazugehörige Spiel, eine Mischung aus Strategiespiel und Adventure vor, das vorab durch einen Leak bereits für Wirbel sorgte. „Einer der Erfinder des Brettspiels DIE ZWERGE ist auch Mitarbeiter bei KingArt und sozusagen Zwerge-Experte. Der machte seinen Chef sozusagen auf die "Kleinen" aufmerksam, wir klärten einige Eckpunkte in Sachen Game, und im November 2014 hatten wir dann ein gemeinsames Meeting mit Eurovideo. Es ging also sehr schnell!“, erzählt Autor Markus Heitz. Seit November läuft auch die Entwicklung des Games, das im 2. Quartal 2016 rauskommen und „zockende Leser als auch lesende Zocker“ ansprechen soll. Der erste Band der Zwerge ist zwar der Ausgangspunkt, allerdings entwickeltt KingArt im Gegensatz zu Daedelic noch zahlreiche Nebenplots.

Für Markus Heitz und das Entwicklerteam von KingArt war der Donnerstag auf der Spielemesse ein Erfolg: "Die Gamescom war wie immer ein Erlebnis. Unglaublich viele Menschen. Es gab auch gutes Interesse an den Zwergen, sowohl bei den Präsentationen auf den kleinen Bühnen als auch bei den Presse-Vorführungen, die international abgehalten werden. Im 30-Minuten-Rhythmus", so Heitz. Was aus diesem Zwerge-Universum 2003 entstand, ist in diesen Tagen auch für den Autor besonders spannend: "Es ist unglaublich faszinierend zu sehen, wie eine erdachte Welt auf einem Bildschirm Gestalt annimmt. Und ich staune immer noch, wenn ich sehe, dass man die Charaktere nun durch Abenteuer steuern kann." Wie der Piper Verlag diese Veröffentlichung für sich nutzt, ist noch nicht bekannt. Fakt ist aber: Es wird etwas kommen, was seit längerer Zeit geplant sei. 

Weitere Beispiele wie die Entwicklung von Oetingers Tiger Books oder die Paninis literarischen Veröffentlichungen zu Spielen wie Assassin’s Creed zeigen: der Weg vom Buch zum Spiel oder umgekehrt offen ist.