Die Sonntagsfrage

Flüchtlinge: Müssen Sprachverlage jetzt umplanen?

2. Oktober 2015
von Börsenblatt
Wie reagieren Sprachverlage auf die Flüchtlingswelle? Eckhard Zimmermann, Leiter Digital Business bei Langenscheidt, erläutert, welche Anfragen den Verlag derzeit erreichen - und welche Produkte gefragt sind.

Die Flüchtlingswelle der vergangenen Wochen hat zwei Facetten, die uns als Verlag für Fremdsprachen vor neue Herausforderungen stellen: zum einen eine extrem hohe Nachfrage nach ersten einfachen Kommunikationshilfen für den Moment der Ankunft der Flüchtlinge und die ersten Wochen nach der Kontaktaufnahme; zum anderen Hilfestellungen bei der folgenden Integration, bei der es unter anderem darum geht, Flüchtlinge beim Erlernen der deutsche Sprache zu unterstützen. Momentan sind wir in der ersten Phase. Hier geht es v.a. um Schnelligkeit und unmittelbare Verfügbarkeit. Flüchtlingsorganisationen und private Helfer kontaktieren uns - meist über soziale Netzwerke - und sagen uns, was sie in einer vielfach ungewohnten Situation brauchen. Wir nehmen das auf und versuchen mit geeigneten Produkten zu antworten: zum Beispiel mit einem digitalen Arabisch-Wörterbuch, das auch per Smartphone zu benutzen ist und das wir vertont haben; oder mit einem handlichen Print-Bildwörterbuch, das man in die Hosentasche stecken kann und das bei Bedarf immer zur Hand ist – und das auch ein nettes Willkommensgeschenk ist. Bei „Zeig mal!" haben wir uns von Flüchtlingsinitiativen beraten lassen und uns die Kommunikationssituationen in den Flüchtlingsunterkünften angesehen. Unsere Produktmanager haben hier in unglaublich kurzer Zeit hervorragende Arbeit geleistet.

Die Resonanz ist enorm. Das kostenlose Online-Wörterbuch ist auch dank der viralen Verbreitung auf Facebook ein zigtausendfach genutztes Instrument zur Verständigung. Für „Zeig mal!“, das wir gegen eine geringe Schutzgebühr abgeben, haben wir innerhalb von zwei Tagen fünfstellige Bestellungen erhalten. Eine zweite Auflage ist bereits in Vorbereitung. Das löst natürlich vor allem im vertrieblichen Bereich einen Engpass aus, den wir im Augenblick aber über studentische Hilfskräfte gut lösen können, die wir teilweise übrigens durch unsere Flüchtlingsaktionen kennen gelernt haben.

Im Buchhandel verzeichnen wir auch eine stetig wachsende Nachfrage, die aktuell vor allem unsere Wörterbücher zu Arabisch und Persisch betrifft, aber auch alle Titel aus den Bereichen Deutsch als Fremdsprache, z. B. Bildwörterbücher für Kinder oder Selbstlernkurse Deutsch. Unser Außendienst führt viele Gespräche mit den Buchhändlern über unsere vorhandenen Titel und das, was zusätzlich gebraucht wird. Die Händler sind durch die vielfältigen Anfragen der Helfer vor Ort oft sehr nah am Thema. Durch das Feedback des Buchhandels bekommen wir daher wichtige Impulse für die weitere Programmplanung.

Die Integration von Hunderttausenden von Flüchtlingen wird Sprachenverlage natürlich sowohl in der Programmgestaltung als auch im Vertrieb fordern. Wir gehen sehr optimistisch in die Herausforderung, das Programmsegment mit vielen innovativen Produkten auszubauen.