Interview mit Weltbild-Geschäftsführer Sikko Böhm

"Wir sind und bleiben im Kern Buchhändler"

21. Oktober 2016
von Börsenblatt
Bei Weltbild geht es wieder aufwärts: Im Interview mit boersenblatt.net spricht Weltbild-Geschäftsführer Sikko Böhm unter anderem über die Reaktivierung alter Weltbild-Kunden, Neuakquise und über das Zahlen von Steuern in Augsburg.

Vor rund einem Jahr haben Sie im Interview mit dem Börsenblatt gesagt, Sie würden gern in Augsburg wieder Steuern zahlen. Haben Sie schon welche gezahlt?

Weltbild kommt mit der Restrukturierung und der Neuausrichtung für unsere Begriffe gut voran. Natürlich könnte alles auch schneller gehen – ich wäre ein schlechter Geschäftsführer, wenn ich immer mit allem zufrieden wäre. Aber von den Rahmenbedingungen und Meilensteinen her sind wir sehr zufrieden. Das zeigen auch unsere Geschäftszahlen. Im Bereich Buch etwa sind wir im Distanzhandeln in den ersten neun Monaten 2016 gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent gewachsen. Aber über unsere Steuererklärung gegenüber der Stadt Augsburg werde ich jetzt nicht Bericht erstatten (lacht).

Wie haben Sie die Wende ins Positive geschafft?

Mit einem ganzen Bündel von Maßnahmen und operativer Schritte. Beispielsweise ist die Sortimentsgestaltung ein wichtiges Thema, wir haben große IT-Projekte laufen, schauen uns interne Prozesse und Prozesse beim Kundenservice an. So haben wir etwa 2015 schon alle Shops in Deutschland, Österreich und in der Schweiz auf eine einheitliche Plattform geholt. Wir arbeiten immer stärker an personalisierten, individuell zugeschnittenen Angeboten und dem Ausbau des Longtail. Das alles ist verbunden mit einem gewissen Investitionsvolumen, wobei wir breite Unterstützung von unseren Gesellschaftern erfahren.

An den Katalogen haben Sie ebenfalls gedreht …

Wir haben uns stark auf die Optimierung der Anstoßkette konzentriert - das heißt, wir geben mehr Kataloge in höherer Auflage heraus – und betreiben gezieltes Newsletter-Marketing. Nur dadurch können wir das Wachstum realisieren: eine starke Reaktivierung von Weltbildkunden gepaart mit einer online-gestützten Neukundengewinnung.

Anfang dieser Woche hat es Schlagzeilen gegeben, weil Sie Ihre Logistik ab dem zweiten Quartal 2017 nach Bor in Tschechien verlegen. Warum gerade dorthin?

Das hat zum einen mit einem Kostenbewusstsein zu tun, andererseits verkürzen sich örtlich gesehen viele Wege. Mit dem Logistiker Andreas Schmid arbeiten wir schon viele Jahre hervorragend zusammen. Gerade wird das Gebäude fertiggestellt. Es bietet genügend Platz für weiteres Wachstum, wir werden dort auch ein breiteres Buchsortiment führen können.

Für Weltbild spielen Non-Books eine weitaus größere Rolle als für andere Buchhändler. Wie wichtig sind Bücher noch für Sie?

Wir sind und bleiben im Kern Buchhändler. Der Buchhandel ist ganz wichtiger Teil unserer DNA, dafür kennt man uns am Markt, deshalb kommen die Kunden zu uns. Eine genaue Zahl möchte ich hier nicht nennen.

Haben Sie noch Rest-Filialen von Lesensart, bei denen die Mietverträge auf Sie laufen?

Wir haben in geringem Umfang Filialen von Lesensart zurückgenommen, kommen dort unserer rechtlichen Betreiberpflicht nach und betreiben sie wieder als Filialen bei uns im Portfolio. Und wir haben Filialen eröffnet. Das Filialnetz ist auf 150 Standorte gewachsen. Mittelfristig, das heißt, in den nächsten drei bis fünf Jahren, streben wir 200 Filialen an.

In Augsburg haben Sie gerade ein Outlet eröffnet. Was muss man sich darunter vorstellen?

Es ist ein etwa 500 Quadratmeter großer Laden in einem Industriegebiet. Dort verkaufen wir Retouren und Restbestände zu günstigen Preisen, bieten Geschenkartikel. Damit richten wir uns an Privatleute, halbgewerbliche und gewerbliche Abnehmer.

Als es Weltbild schlecht ging, haben die Verlage ihre damit einhergehenden Umsatzverluste beklagt. Wie ist die Stimmung bei den Verlagen jetzt?

Wir sind in engem Kontakt mit unseren geschätzten Partnern aus der Verlagsbranche. Weltbild ist ein wichtiger Teil der pluralistischen Buchhandelsstruktur und unser ordentliches Wachstum beim Buch gefällt auch den Verlagen.