Scharfe Kritik und Rücktrittsforderung wegen Verleger-"Meinung" zu Open Access

Meiner an Ulmer: "Ein klarer Fall von Amtsmissbrauch"

27. Februar 2015
von Börsenblatt
Der Hamburger Verleger Manfred Meiner hat scharfe Kritik an dem Positionspapier zum Open Access geübt, das der Verleger-Ausschuss anlässlich des zehnten Jahrestags der "Berliner Erklärung" veröffentlicht hatte. In einem Brief, der an Matthias Ulmer, den Vorsitzenden des Verleger-Ausschusses, an Heinrich Riethmüller, den Vorsteher des Börsenvereins, sowie an die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft wissenschaftlicher Verleger (AwV) gerichtet ist, fordert Meiner Matthias Ulmer auf, von seinem Amt als VA-Vorsitzender zurückzutreten.

Meiner stellt die vom VA veröffentlichte "Meinung" nicht nur inhaltlich, sondern schon satzungsmäßig in Frage.  Wenn es in der abschließenden Bemerkung des Papiers unter der Zwischenüberschrift "Gemeinsames Handeln" heiße, "Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels plädiert deshalb dafür, einen Neubeginn zu wagen ...", dann könne davon keine Rede sein. Meiner wörtlich: "Nichts dergleichen ist der Fall. Weder hat es dazu einen Beschluss der Mitgliederversammlung gegeben, noch ist der Vorstand des Vereins in die Formulierung dieses Plädoyers einbezogen worden, ja noch nicht einmal der Vorsteher selbst."

Heinrich Riethmüller bestätigt diese Einschätzung. "Auch ich bin von dieser Presseerklärung überrascht worden, von der ich nichts gewusst habe. Sie wurde vom VA ohne Rücksprache mit mir oder anderen Vorstandsmitgliedern veröffentlicht."

Die Tatsache, dass sowohl der Vorsteher übergangen als auch kein Mandat des Vorstands an den VA in dieser Angelegenheit erteilt worden sei, sei "ein klarer Fall von Amtsmissbrauch", so Meiner. Es handele sich um eine "Nacht- und Nebel-Aktion, bei der drei Repräsentanten (der Vorsitzende des VA, der AwV und der Vorsitzende des Urheber- und Verlagsrechtsausschusses) auskungeln, was ihnen persönlich und geschäftlich in den Kram passt".

Börsenvereins-Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis sagte zu dem Vorgang: "Der Vorstand berät und entscheidet nach Vorbereitung durch die Ausschüsse als Kollegialorgan abschließend über solche Fragestellungen." Dies habe bisher noch nicht stattgefunden.

Zur inhaltlichen Positionierung des Papiers bemerkt Meiner unter anderem: Wenn von "Hybridmodellen als sinnvolle Übergangslösung" gesprochen werden, könne dies aus seiner Sicht nur so verstanden werden, dass Open Access künftig ohne Alternative bleiben soll, z.B. auch in den Geisteswissenschaften, für die "Open-Access-Modelle" "erschlossen werden" sollen. Dies sei eindeutig eine "Kehrtwende in der Sache".

Matthias Ulmer selbst wollte sich zur Sache nicht äußern.