Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband

Pressetag in der Schweizerischen Botschaft

6. Juli 2015
von Holger Heimann
Am gestrigen Donnerstag lud der Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband (SBVV) in die Schweizer Botschaft. Zentrales Thema war der neue Wechselkurs zwischen Euro und Franken seit Jahresbeginn sowie die Folgen für die Schweizer Verlage.

Den Schweizer Verlagen macht der neue Wechselkurs zwischen Euro und Franken seit Jahresbeginn gehörig zu schaffen. Rund 15 Prozent weniger Umsatz beklagen Diogenes, Dörlemann und andere Häuser, die traditionell das Gros ihres Umsatzes (80 Prozent und mehr) in Deutschland und Österreich machen, aufgrund der Euroschwäche in der Schweiz. „Die Verlage werden wie Zitronen ausgepresst", sagt der Chef des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes (SBVV) Dani Landolf.

Aber Not macht bekanntlich erfinderisch. Der Verband hat deshalb jetzt zu einem Pressetag in die Schweizer Botschaft in Berlin eingeladen. Eidgenössische Verlage, darunter Nagel & Kimche, Diogenes und Limmat, präsentierten dort gestern Literaturkritikern und Kulturjournalisten ihre Programme.

Der größte Schweizer Verlag, Diogenes, müsste drei Millionen Euro mehr Umsatz machen, um den Kursverlust auszugleichen, hat Geschäftsführer Stefan Fritsch vorgerechnet. Jetzt versucht man einerseits zuzulegen und andererseits zu sparen, wo es nur geht: So präsentiert sich der Verlag im Herbst nicht zur Frankfurter Buchmesse (nicht zum ersten Mal übrigens), nur die Lizenzhändler werden anreisen. Außerdem wurden die Preise für neue Bücher fast durchgängig um ein bis zwei Euro erhöht. Für beide Entscheidungen habe man viel Zuspruch vor allem von Buchhändlern erhalten, sagte Verlagssprecherin Ruth Geiger jetzt in Berlin.

Der kleinere Dörlemann Verlag spart wie Diogenes und Kein & Aber gleichfalls die Frankfurter Standkosten, immerhin will Verlegerin Sabine Dörlemann ihre Bücher am Stand des SBVV präsentieren. Auch Büros in ihrem Verlag hat Sabine Dörlemann bereits zur Miete angeboten. Und selbst ein Umzug ist nicht mehr tabu: „Bevor ich den Verlag schließen muss, gehe ich lieber ins Euroland.“

Immerhin hat durch die Währungsmisere offenbar ein Vorhaben des SBVV zur Unterstützung der Verlage in der Schweiz kräftigen Anschub bekommen. „Wir haben seit Jahren versucht, eine strukturelle Verlagsförderung zu etablieren, jetzt könnte es gelingen“, sagte Dani Landolf in Berlin. Mit zwei Millionen Franken soll der Bund „kulturell orientierte Verlage“ stützen. Nachdem der Ständerat dem Vorhaben schon zugestimmt hat, steht nur noch das Votum des Nationalrats am 2. Juni aus.

Die Details des Projekts müssen noch geklärt werden, die Eckdaten jedenfalls sehen so aus: Die Fördersumme soll anfangs einen Zeitraum von fünf Jahren, später von vier Jahren abdecken. Welche Summe ein Verlag bekommt, ist abhängig vom erwirtschafteten Umsatz, je mehr Umsatz ein Haus macht, umso mehr Geld kann es auch erhalten. „Wir wollen größere Verlage nicht bestrafen“, begründet Landolf die Regelung. "Ohnehin soll die jährliche Fördersumme pro Verlag entsprechend dem von einer Arbeitsgruppe zurzeit erarbeiteten Modell unten und oben begrenzt werden, beispielsweise mit einer Schwelle von 5.000 und einer Deckelung von 80.000 Franken." Jeder Bewerber muss nachweisen, dass er das Verlagsgeschäft professionell betreibt. Für Miniverlage werden Prämien angeboten.

„Unsere Verlage sollen mehr Sauerstoff bekommen. Wir müssen dazu beitragen, die Standortnachteile auszugleichen und sie am Leben zu erhalten“, sagt Landolf. Der Verbandsgeschäftsführer hofft, dass die Förderung, die 2016 starten soll, später aufgestockt wird und mithin spürbarere Effekte zeitigt. Auch eine Buchhandels-Unterstützung ist im Gespräch – doch vorerst wohl nur auf Kantons- und Gemeindeebene. Einstweilen ermuntert Landolf die Sortimenter, sich nicht auf einen Preiskampf mit Amazon einzulassen, sondern stattdessen durch besseren Service zu punkten.

Die Verlage jedenfalls helfen sich vorerst selbst: Der Dörlemann Verlag bietet jetzt einen Vertriebsservice für kleinere Häuser; der Bilger Verlag hat das Angebot kürzlich angenommen. Und der Salis Verlag ist beim Unions Verlag eingezogen. Dessen Chef Lucien Leitess hat das Dilemma unlängst so auf den Punkt gebracht: „Früher mussten wir jeden Franken zweimal umdrehen, jetzt müssen wir das dreimal tun.“