Suhrkamp Verlag

Befreiungsschlag? Suhrkamp auf dem Weg zur AG

7. August 2013
von Börsenblatt
Neue Wendung im Suhrkamp-Streit: Der Verlag soll in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden − das geht aus einer Pressemitteilung des Unternehmens hervor. Gestern hat das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über den Verlag eröffnet. "Als Insolvenzgründe sind Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gegeben", sagte die zuständige Richterin Mechthild Wenzel der "Welt".

Einer Suhrkamp-Mitteilung zufolge sieht der zugrunde liegende Insolvenzplan (den die Richterin laut "Welt" in den nächsten zwei Wochen prüfen will) die Umwandlung des Verlags in eine Aktiengesellschaft vor. "Diese Umwandlung sichert die Existenz sowie die Handlungs- und Planungsfähigkeit des Verlags. Damit verbunden ist der Erhalt sämtlicher bestehender Arbeitsplätze", heißt es in der Stellungnahme des Verlags.

Hans Barlachs Medienholding habe versucht, das am 27. Mai eingeleitete Schutzschirmverfahren, die Eigenverwaltung und die Eröffnung des Insolvenzverfahren mit einer Vielzahl von Klagen und Anträgen zu verhindern: "Durch die gestrige Entscheidung des Amtsgericht Berlin-Charlottenburg ist sie damit vollumfänglich gescheitert", so die Sichtweise des Verlags: "Durch die Änderung der Rechtsform wird der insolvenzauslösende Gesellschafterstreit das operative Geschäft des Verlags nicht länger beeinträchtigen können", heißt es weiter. Zukünftig werde ein Vorstand – kontrolliert von einem durch die Aktionäre gewählten Aufsichtsrat – eigenverantwortlich handeln.

Suhrkamp betont darüber hinaus, dass der Formwechsel des Verlags die Gesellschafterstellung der Siegfried und Ulla Unseld Familienstiftung und der Medienholding AG nicht berühren werde. "Die Gesellschafter werden als Aktionäre wie bisher am Verlag beteiligt sein. Ihre Mitwirkungs- und Einflussrechte ergeben sich künftig aus dem Aktienrecht."

Für den Fall, dass ein Gesellschafter an dem in die Rechtsform einer Aktiengesellschaft umgewandelten Verlag nicht mehr beteiligt sein möchte (gemeint ist Barlachs Medienholding, mit 39 Prozent Minderheitsgesellschafter), sehe der Insolvenzplan ein Abfindungsangebot vor. Damit werde jedem der Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet, seine Aktien gegen Erhalt eines Abfindungsbetrags an die Gesellschaft oder – mit Zustimmung des Verlags – an einen Dritten zu übertragen.

Der Insolvenzplan sehe zudem vor, dass der Insel Verlag, der operativ vollständig vom Suhrkamp Verlag abhängig ist, Tochtergesellschaft des Suhrkamp Verlags werde. "Damit wird die gesellschaftsrechtliche Struktur der Verlagsgruppe entscheidend vereinfacht."

Zum Hintergrund

Suhrkamp hatte im Dauerstreit mit ihrem Minderheitsgesellschafter, der Medienholding von Hans Barlach, Ende Mai einen juristischen Joker gezogen. Der Verlag setzte beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg im Rahmen eines Insolvenzantrags das Schutzschirmverfahren nach dem Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in Gang. Es handelt sich dabei um eine milde Form des Insolvenzverfahrens – eine Vorstufe des klassischen Insolvenzverfahrens, die erst 2011 in die Insolvenzordnung aufgenommen wurde.

Das Schutzschirmverfahren gewährt dem Schuldner, also dem Suhrkamp Verlag, drei Monate Zeit, um in Eigenverwaltung seine Finanzen zu sanieren – mit dem Ziel, eine Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Der Verlag wählte diesen Schritt, nachdem Barlachs Medienholding einen vorläufigen Gerichtstitel zur Auszahlung von 2,2 Millionen Euro aus dem Bilanzgewinn 2010 erstritten hatte.

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