Gastspiel von Thomas Bez

Aus Mangel an Beweisen ...

25. Februar 2021
von Börsenblatt

Thomas Bez kritisiert das Bundeskartellamt: Die Wettbewerbshüter würden verkennen, dass es an Möglichkeiten zur Durchsetzung der Regeln fehlt, die das Buchpreisbindungsgesetz der Branche vorschreibt.

Eigentlich sollte der Offene Brief von Gerhard Beckmann das Bundeskartellamt (BKartA) während des Vorprüfverfahrens „Zusammenschluss Thalia/Osiander“ erreichen; aber es wurde zur Verwunderung vieler so schnell (in einem Monat) abgeschlossen, dass der Offene Brief liegen blieb und erst in neuer Fassung das Bundeskartellamt „post festum“ erreicht hat. Insofern ist es lobenswert, dass Andreas Mundt in einem Interview mit dem Börsenblatt https://www.boersenblatt.net/news/maerkte-und-studien/thalia-ist-stark-aber-nicht-marktbeherrschend-164597 dennoch dazu Stellung genommen hat. Wer das Interview gelesen hat, kann zu dem Schluss kommen, dass auch das rechtzeitige Eintreffen des Offenen Briefs am Ausgang der Vorprüfung nichts geändert hätte: Die Schwelle von 40 % Marktanteil für die Untersagung eines Zusammenschlusses liegt viel zu hoch; denn der Rest des Marktes verteilt sich i. d. R. auf ebenfalls große Unternehmen und eine überschaubare Anzahl von Spezialisten (in Nischen). 

Die Schwelle von 40 % wird der Marktführer im Buchhandel erst erreichen, wenn der Buchhandel nicht mehr das ist, wofür ihm der Gesetzgeber die Preisbindung im „Gesetz über die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz - BuchPrG)“ im Jahr 2002  zugestanden hat: „Das Gesetz dient dem Schutz des Kulturgutes Buch. Die Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer sichert den Erhalt eines breiten Buchangebots. Das Gesetz gewährleistet zugleich, dass dieses Angebot für eine breite Öffentlichkeit zugänglich ist, indem es die Existenz einer großen Zahl von Verkaufsstellen fördert.“ (§ 1 Zweck des Gesetzes). Das „Netz geistiger Tankstellen“ könnte zu der falschen Assoziation führen, dass es genüge, wie die Mineralölkonzerne „Tankstellen“ an allen Verkehrsknoten zu unterhalten. Die Vielfalt des Buchhandels hat nämlich entscheidend damit zu tun, dass viele Buchhändlerinnen und Buchhändler selbständig über ihr Sortiment entscheiden und Bücher (aktiv) „unters Volk“ bringen, Autoren mit ihrem Publikum zusammenbringen und sich für interessante Novitäten persönlich einsetzen. Das hat zuletzt (2019) das volkswirtschaftliche Gutachten der Universität Gießen zur Preisbindung aufgezeigt.

Vielfalt meint, dass viele Buchhändler*innen selbstständig über ihr Sortiment entscheiden.

Thomas Bez

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