Tom Erben zur Neuausrichtung der Stuttgarter Buchwochen

"Wir wollen zeigen, was Bücher alles können"

23. Juni 2023
von Sabine Cronau

Ausstellung, Programm, Outfit: Die Stuttgarter Buchwochen legen in diesem Jahr einen Neu-Auftritt hin. Tom Erben, Geschäftsführer beim Landesverband Baden-Württemberg, über Pläne und Zielmarken.  

Tom Erben,Geschäftsführer des Landesverbands Baden-Württemberg. 

Die Corona-Krise hat Folgen für viele Großevents ge­habt. Müssen sich die Stuttgarter Buch­wochen jetzt neu erfinden?

Sagen wir so: Wir sind dabei, sie neu zu erfinden – Corona ist dafür eher Anlass als Ursache. Die Buchwochen finden zum 73. Mal statt und sind eine große Erfolgsgeschichte, die sich ansonsten nur noch mit der Münchner Bücherschau vergleichen lässt. Die Funktion solcher Buchausstellungen hat sich jedoch im Lauf der Jahrzehnte verändert. Leser:innen können sich heute bestens im Internet über Bücher informieren. Darauf müssen wir reagieren und das Live-Erlebnis noch stärker in den Mittelpunkt rücken. Genau darin liegt nach der Corona-Krise eine große Chance: Die Menschen haben enorme Lust auf Austausch und persönliche Begegnung.
 

Fließt das in die diesjährige ­Programmgestaltung ein?

Ja, am Tag der Eröffnung, dem 16. November, feiern wir zum Beispiel das 225-jährige Jubiläum des Herder Verlags. Dazu werden wir Prominenz ein­laden – und alle, die in Stuttgart mit ­Büchern zu tun haben. Abgesehen vom immer ausgebuchten Schulklassenprogramm bieten die Buchwochen zusätzlich 30 hochkarätige Veranstaltungen an. Sie sollen wieder mehr Strahlkraft in der Stadt entwickeln: mit Gästen wie Yael Adler, Denis Scheck, Sasha Filipenko, Matthias Politycki und Maren Kroymann, die aus Büchern der Literatur­nobelpreisträgerin Annie Erneaux liest – aber auch durch Partnerschaften mit anderen Institutionen in Stuttgart wie dem Literaturhaus. Zusammen mit der Israelitischen Religionsgemeinschaft ­laden wir zu einem Abend mit dem ­Autor Michel Bergmann ein.

Bücher sind Multitalente: Der Neuauftritt der Stuttgarter Buchwochen präsentiert sich in Pastell. 

Was ändert sich bei der ­Buchausstellung?

Wir integrieren Themeninseln als Ankerpunkte der Inszenierung und Emo­tionalisierung – ähnlich wie Thementische im Buchhandel. Und wer in Ruhe lesen will, der findet im Ausstellungs­bereich kleine Lounge-Ecken.

Welche Themen bekommen eine eigene Insel im Büchermeer?

Die Schwerpunktthemen in der Ausstellung, Nachhaltigkeit, Gesellschaft und Gesundheit, verknüpfen wir durch Themensonntage mit dem Veranstaltungsprogramm der Buchwochen. Passend zum KulturPass wird es auch einen Themenabend mit Schreibworkshops rund um New-Adult-Bücher geben. Hinzu kommen umfangreiche Präsentationen mit Bestenlisten, etwa zum Deutschen Buch- und Sachbuchpreis, zur SWR-Bes­tenliste, zum Deutschen Selfpublisher-Preis. Auch der Deutsche Fotobuchpreis meldet sich wieder in Stuttgart zurück. Und das »Schweizer Zimmer« findet nach dem erfolgreichen Start 2022 zum zweiten Mal statt. 

Was ändert sich für die ausstellenden Verlage?

Die Ausschreibung haben wir erstmals mit der Münchner Bücherschau gebündelt. Auch bei der Programmgestaltung stimmen wir uns mit dem Team des Landesverbands Bayern ab, um den Aufwand zu reduzieren – etwa, indem wir Autor:innen gemeinsam buchen. Um die Akquise kümmert sich die Münchner Agentur Ehrlich & Anders: Sie will Verlage davon überzeugen, dass sie sowohl in München als auch in Stuttgart vertreten sein können. Außerdem in­vestieren wir durch Social Media und ­verstärkte Pressearbeit in die digitale Reichweite der »kleinen Stuttgarter Buchmesse«. Wer dabei sein will: Die Anmeldefrist läuft noch bis Ende Juni.

Schicke Stofftaschen machen Werbung für die Buchwochen.

Wie ist die Resonanz bei den Verlagen?

Da stoßen wir auf offene Ohren und Herzen – und auf die Bereitschaft, uns mit prominenten Autor:innen zu unterstützen. Im vergangenen Jahr waren über 150 Verlage dabei. Ich hoffe, dass wir bei der Ausstellerzahl um zehn Prozent zulegen können. Mit dem Kosmos Verlag führen wir gerade Gespräche über eine Sonderpräsentation, außerdem möchten wir Bücher aus unabhängigen Verlagen präsentieren. 

Stemmen Sie den Neuauftritt aus Bordmitteln – oder wird es teurer für die Verlage?

Wir profitieren von einer Kooperation mit dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg, das uns Räume, Technik und weitere Sachleistungen zur Verfügung stellt. Dadurch können wir die Preise halten. Außerdem haben wir ein kleines Polster aus der Corona-Zeit, als die Buchwochen nur eingeschränkt stattfinden konnten.

»Bücher können was« – so heißt der neue Slogan der Buchwochen. Was denn zum Beispiel?

Zum Beispiel Gesundheit, Gesellschaft und Nachhaltigkeit! Wir wandeln den Slogan passend zu unseren Schwerpunktthemen ab. Das eignet sich hervorragend auch für unsere Social-Media-Kampagnen. Indem wir zeigen, was Bücher alles können, erreichen wir junge, neue Zielgruppen und zugleich das Stammpublikum. Die Buchwochen bieten Orientierung für den Bücherwunschzettel und sind damit nach wie vor ein immens wichtiger Impulsgeber für das Weihnachtsgeschäft im Buchhandel.
 

Das Pendant zu den Stuttgarter Buchwochen war lange die Karlsruher Bücherschau, die derzeit eine Pause einlegt. Geht es hier weiter?

Die Karlsruher Bücherschau haben wir »geparkt« – was auch daran liegt, dass eine Unterstützung der Stadt weggefallen ist. In diesem Jahr liegt unser Fokus auf Stuttgart. Sind wir hier erfolgreich, steigen auch die Chancen für die Wiederbelebung der Karlsruher Bücherschau.

Woran messen Sie den Erfolg der Stuttgarter Buchwochen?

Wir wollen die Besucherzahlen, die schon vor Corona zurückgegangen sind, signifikant steigern. Ich bin überzeigt, dass ­unsere vielen neuen Puzzleteile dazu beitragen. Übrigens sehe ich persönlich die Stuttgarter Bücherschau auch als Form der Nachwuchsförderung: Vor (ziemlich) vielen Jahren habe ich als Besucher der Buchwochen den Entschluss gefasst, in der Buchbranche arbeiten zu wollen. Die Stuttgarter Buchwochen – das war für mich die große Welt der Literatur, der ­Bücher, der Autorinnen und Autoren. Auch da wollen wir wieder hin!

  • Termin: 16. November – 3. Dezember im Haus der Wirtschaft
  • Anmeldefrist für Verlage: bis 30. Juni (buchwochen.de)
  • Veranstalter: Börsenverein-Landes­verband Baden-Württemberg
  • Programm: 30 Veranstaltungen plus kostenlose Schülerlesungen
  • Neu: zum Beispiel Themensonntage zu Gesundheit, Gesellschaft, Nachhaltigkeit, flankiert von Themeninseln in der Buchausstellung