Sonntagsfrage

Was hat buch7.de denn noch alles vor, Herr Gleich?

11. Dezember 2022
von Börsenblatt

Der Online-Buchhändler buch7.de wurde im November auf dem ersten Gemeinwohl-Ökonomie Summit mit dem Gemeinwohl-Preis ausgezeichnet. buch7.de spendet 75 Prozent des Gewinns an gemeinnützige Projekte. Wie ist buch7.de organisiert? Wie hoch ist der Umsatz? In welche Projekte fließt das Geld? Und wie läuft der Buchladen im lange renovierten buch7-Kulturbahnhof am Firmensitz in Langweid am Lech? Antworten von buch7.de-Geschäftsführer Benedikt Gleich.  

Benedikt Gleich, Geschäftsführer buch7.de GmbH

Benedikt Gleich, Geschäftsführer buch7.de GmbH

Wir haben etwa zehn Jahre für den sozialen Online-Buchhandel mit dem 75%-Spenden-Modell gebraucht, sind jetzt im fünften Jahr mit unserem gemeinnützigen Tochterprojekt, dem buch7-Kulturbahnhof, beschäftigt. Ideen haben wir noch viele, Zeit und Geld sind aber gerade voll eingeplant. Natürlich würden wir uns freuen, wenn das Wachstum weiter geht, damit wir noch mehr spenden und noch mehr Projekte unterstützen können. Wichtig ist es uns auch, unser Engagement in der Gemeinwohlökonomie-Bewegung (2018 haben wir unsere erste Gemeinwohl-Bilanz erstellt) weiterzuführen. Aber momentan würden wir uns erst einmal wieder „normalere“ Zeiten wünschen, also etwas weniger „Achterbahn“ als seit 2020. 

Die wesentlichste Änderung seit der Gründung 2007 war sicher der Übergang vom Hobby-Projekt zum „richtigen“ Unternehmen und damit der Übergang vom Ehrenamt zu angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Vom ehrenamtlichen Freizeitprojekt zur GmbH

Hinter buch7.de steht eine GmbH, die Eigentümer setzen sich aus dem damaligen Gründerteam zusammen. Es sind keine externen Investoren mit beteiligt. Anfangs war buch7.de ein ehrenamtliches Freizeit-Projekt, inzwischen aber ein hauptberufliches Unternehmen mit starkem sozialen, ökologischen und kulturellen Engagement. Dahinter steht heute ein Team von 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, davon mehr als die Hälfte im Kundenservice, vier im Buchladen vor Ort und jeweils ein oder zwei Personen in Bereichen wie Öffentlichkeitsarbeit, Buchhaltung oder Geschäftsleitung, teils auch mit Mehrfachzuständigkeiten. Drei davon sind in Minijobs beschäftigt, die anderen 10 in Teilzeit oder Vollzeit. 

Die wesentlichste Änderung seit der Gründung 2007 war sicher der Übergang vom Hobby-Projekt zum „richtigen“ Unternehmen und damit der Übergang vom Ehrenamt zu angestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die zweite große Veränderung war die Gründung des buch7-Kulturbahnhofs 2018, wo wir ein altes Bahnhofsgebäude zum gemeinnützigen Kulturzentrum renoviert und dort auch Büroräume sowie unseren Buchladen eingerichtet haben. Vorher hatten wir praktisch 100% Homeoffice, das war dann doch etwas zu viel des Guten... 

Aktuell normalisieren sich die Zahlen wieder, erfreulicherweise aber deutlich über dem Vor-Corona-Niveau. Gewinn machen wir momentan nicht, aber bei buch7.de ist uns unser gesellschaftliches Engagement auch wichtiger. 

Jahresumsatz gut 3 Millionen Euro

Wir arbeiten mit allen drei Barsortimenten und sind gerade in den aktuellen teils turbulenten Zeiten froh, nicht auf einen einzigen Lieferanten angewiesen zu sein, sondern flexibel auf die jeweilige Situation reagieren zu können. Unser Jahresumsatz liegt inzwischen bei gut 3 Millionen Euro, wobei wir in den ersten fünf Jahren nach der Gründung jeweils nur etwa 10.000 Euro Umsatz gemacht haben – es war also ein langer und immer wieder steiniger Weg. Seit dem Jahr 2013, als eine Fernseh-Dokumentation über die Arbeitsbedingungen bei Amazon hohe Wellen schlug, ging es bei uns mehrere Jahre lang stark bergauf, zuletzt nochmals im Rahmen des Booms bei Online-Bestellungen im Rahmen der Corona-Pandemie. Aktuell normalisieren sich die Zahlen wieder, erfreulicherweise aber deutlich über dem Vor-Corona-Niveau. Gewinn machen wir momentan nicht, aber bei buch7.de ist uns unser gesellschaftliches Engagement auch wichtiger. 

Unsere meisten Spenden entstehen aus Kundenvorschlägen, die diese bei jeder Bestellung übermitteln können.

Die Verteilung der Spendengelder

Wie viel Geld bisher gespendet werden konnte? Tatsächlich sind hier schon etwa 900.000 Euro an Spenden und Sponsorings zusammengekommen. Wir hoffen, dass wir bald die Million erreichen. Es gibt keine formalen Voraussetzungen für unsere Projekte. Sie sollen einen möglichst großen und konkreten sozialen, kulturellen oder ökologischen Mehrwert bringen. Eine formelle Gemeinnützigkeit ist von Vorteil, aber kein Muss. Unsere meisten Spenden entstehen aus Kundenvorschlägen, die diese bei jeder Bestellung übermitteln können. Eine immer wechselnde Person aus dem Team bildet aus diesen vielen Vorschlägen (meist sind es mehrere Hundert) eine engere Wahl von etwa einem Dutzend Projekten. Über diese Stimmt dann unser ganzes Team demokratisch ab, dabei hat jede Person mehrere Stimmen, so dass sich eine gute Reihung ergibt, in der wir dann die ersten paar Projekte kontaktieren und eine Spende bzw. ein Sponsoring anbieten. 

Welche Rolle Spenden an buch.7.de spielen

Schon bei der Gründung war es die Idee, dass buch7.de Geld für wertvolle Projekte generiert. Wir selbst sammeln keine Spenden im engeren Sinne, erhalten aber häufig von unseren Kunden mehr Geld für zusätzliche Projektförderung, die wir dann auf unser Spendenversprechen von 75% des Gewinns drauflegen. Das machen wir übrigens auch von uns aus sehr regelmäßig. Unser Tochterprojekt, der gemeinnützige buch7-Kulturbahnhof, kann auch Spendenquittungen ausstellen, hier sammeln wir gerade auch auf Veranstaltungen gerne Spenden zur Unterstützung dieses Projekts.

Das alles kostet sehr viel Zeit und Geld – die schwarzen Zahlen für diese Bereiche sind also in weiter Ferne, aber das ist auch nicht ganz überraschend. 

Der buch7-Kulturbahnhof

Den Erbpacht-Vertrag für das alte Bahnhofsgebäude, in dem der buch7-Kulturbahnhof zu Hause ist, haben wir im Sommer 2018 unterzeichnet und gleich mit Vollgas die Renovierung gestartet. Im Sommer 2019 haben wir mit Buchladen und Bio-Café an zwei Tagen die Woche gestartet und das seit 2021 dann auf fünf Tage die Woche ausgeweitet. Unser Kulturprogramm hat auch 2019 mit Lesungen gestartet, seitdem sind noch viele andere Veranstaltungsformen wie z.B. Vorträge, offene Werkstätten oder Führungen dazu gekommen. Das alles kostet sehr viel Zeit und Geld – die schwarzen Zahlen für diese Bereiche sind also in weiter Ferne, aber das ist auch nicht ganz überraschend.