Gastspiel von Markus Klose

Sparte, übernehmen Sie!

25. Januar 2024
von Markus Klose

Lupenreine Spartentrennung in der Branche? Das war einmal. Mittlerweile wird fleißig im Revier der anderen gewildert – meint Markus Klose.

Markus Klose ist Berater und Inhaber von Die gute Agentur

»Wer anderen eine Sparte gräbt, fällt selbst hinein«: Das soll, so ungefähr zumindest, König Salomo gesagt haben. Dem großen Geist wohl folgend entschied man schon in der Gründungsphase des Börsenvereins, sich spartenübergreifend zu organisieren. Bis heute sind die Buchverkaufenden, Buchmachenden und Zwischendenbeidenagierenden unter einem Dach versammelt.

Diese drei Sparten aber scheinen mittlerweile nicht nur ihre Differenzen zu reduzieren, sondern auch ihre Differenzierungen. Es gibt eine erkennbare Zunahme an spartiven Übergriffen. Da wird etwa Logistikdienstleister Nova MD zum Absender sehr erfolgreicher Selfpublisher-Titel und stellt sich als Verlag auf. Da beginnt Buchhändler Thalia damit, selbst Bücher zu verlegen (gut, so erfolgreich war der erste Versuch nicht, wenn man Metis studiert, aber erfolgreiche PR-Arbeit und Veranstaltungen zeigen, dass der Händler die verlegerische Vermarktung bestens beherrscht). Im Gegenzug verkaufen Verlage gern direkt an Endkund:innen und Firmen. Was früher noch für Unfreude im Handel sorgte, wird längst gleichmütig akzeptiert. Auf Facebook kämpft eine kleine Bastion für Gerechtigkeit – und heißt noch spartenrein »Buchhandelstreff«. 

Es gibt eine ­erkennbare ­Zunahme an spartiven ­Übergriffen.

Markus Klose

Zeitfracht reduziert den Versende­rhythmus für umsatzschwächere Sortimente. Das mag zuerst spartenrein wirken, könnte sich aber auf die Konkurrenzfähigkeit dieser Sortimente auswirken und ­hätte dann etwas Übergreifendes. Die Zwibu-Sparte also als Marktgestalter, das ist spartenneu. Bisher verstand sie sich als Dienstleister für alle, gerade für alle Kleineren. Vielleicht kein Wunder, dass auf der anderen Seite des Größenspektrums Thalia sein eigenes Logistikcenter im Norden des Ruhrgebiets eröffnen will. Die Unabhängigkeit könnte bei unsteten Logistikpartnern ein sinnvolles Ziel sein. Sparte macht Sparte.

GU wiederum überbrückt zwar nicht die Spartentrennung, gründet aber eine eigene GmbH für seine Vertriebsabteilung. Spartenspaltung könnte man das nennen. Die Bücherbüchse, Spezialist in Sachen Abo und New Adult und bisher ein Kunde der Verlage, hat nun einen eigenen Verlag gegründet. ­Warum, so fragt man sich offenbar, soll man Lizenzen kaufen, wenn man sie auch selbst generieren kann? Sparte, übernehmen Sie! Verlegerin Sandra Thoms hat gerade eine kleine Buchhandlung in Frankfurt aufgemacht. Lyx eröffnet laufend Pop-up-Läden, Selfpublisher sind per se spartenfrei, Buchhändler Graff organisiert Signieraktionen für Verlage, Amazon ignoriert den Spartenverein. 

Dieser ist also gar nicht mehr spartenübergreifend. Die Sparten lösen sich auf, werden zu einer einzigen gemeinsamen. Getreu einer Werbekampagne der 80er Jahre: »Meine Sparte, deine Sparte … Sparte ist für alle da!«