Verleihung des Deutschen Buchhandlungspreises

Eine Klasse für sich

1. September 2017
von Börsenblatt
Kulturstaatsministerin Monika Grütters will den Deutschen Buchhandlungspreis als offizielle Liebeserklärung verstanden wissen – die 117 Preisträger des Jahres 2017 haben sie gern angenommen. Die Verleihung gestern in Hannover war für sie eine Mischung aus Festakt, Klassentreffen und Ideenaustausch. Ein Bericht.

Buchbranche und Politik Seit an Seit, kein Millimeter scheint zwischen ihnen Platz zu sein, beide in Hochstimmung: Das gibt es nicht alle Tag. In Schloss Herrenhausen in Hannover, gestern bei der Verleihung des Deutschen Buchhandelspreises, war es so. Und daran hatten alle ihren Anteil: Jörg Thadeusz, der als Moderator ("wir machen hier auf Hochkultur") seine Zuhörer im Saal eloquent und schlagfertig durch die gut zweieinhalb Stunden währende Zeremonie geleitete; die Laudatoren Iris Radisch, Alfred Böttger, Peter Kraus vom Cleff und Fritz Pleitgen, die Instrumentalisten von Berlin Counterpoint, die Vertreter der beiden Preispartner, des Börsenvereins und der Kurt Wolff Stiftung, sämtliche Buchhändler – besonders aber Monika Grütters.

Die Kulturstaatsministerin hörte gar nicht mehr auf zu strahlen. Nicht bei ihrem Grußwort, nicht, während sie den 117 ausgezeichneten Buchhändlern einzeln ihre Preise überreichte, nicht bei den vielen Siegerfotos, die zu machen waren. Und auch nicht später – draußen bei der Siegerfeier.

Monika Grütters: "Ich verstehe den Preis als öffentliche Liebeserklärung"

Nur einmal war sie sichtlich irritiert: Ganz am Anfang, als Jörg Thadeusz sie als "Mama Buchhandel" bezeichnete und sie als solche auf die Bühne bat. Oben angekommen, rang sie kurz nach Worten, blickte fragend Thadeusz an, blickte fragend ins Publikum. "Schlimmer wäre gewesen: Mutti", sagte sie schließlich, und ihr Gesicht hellte sich wieder auf. 

In ihrem Grußwort betonte sie, wie bereits bei den zwei vergangenen Preisverleihungen, ihre Nähe zur Branche, ihre Nähe zum Buch, zum Lesen und all jenen, die darin ihre Berufung sehen: zu Buchhändlern. Alles andere wäre auch undenkbar gewesen.

Buchhändler seien "Überzeugungstäter aus Liebe zum Buch", schwärmte sie. "Missionarisch im besten Sinne, Fürsprecher auch unbekannter Autorinnen und Autoren, Botschafter unabhängiger Verlage – und dabei ausgestattet mit der Leseerfahrung und dem Eigensinn, den es braucht, um jenseits des unüberschaubaren, von Bestsellerlisten abgesteckten Lese-Terrains verlässliche Lotsen auf geistigem Neuland zu sein".  In dem Wunsch, dass diese Engagement anerkannt werde, habe sie vor drei Jahren den Preis ins Leben gerufen – er sei "eine öffentliche Liebeserklärung" (komplette Rede zum Nachlesen: "Auf eine gute Zukunft"). 

Als erstes holte Grütters Helga Weyhe auf die Bühne – mit 95 Jahren hält die Buchhändlerin ihren Buchladen in Salzwedel noch immer in Schwung, liefert Bücher auch noch selbst im Ort aus, "mit dem Gehstock", wie Grütters erzählte.

Weyhe erhielt von ihr, wie berichtet, einen Ehrenpreis für langjährige und herausragende Verdienste um den deutschen Buchhandel – ihre vielen Kollegen im Saal spendeten Weyhe tosenden Beifall, eine Minute Standing Ovations. Welches für sie das schönste der vielen –  rund 70 – Jahre in ihrer Buchhandlung war? Weyhe fand auf die Frage des Moderators Thadeusz eine knappe, einleuchtende Antwort: die Zäsur 1989/90, das Ende der DDR. "Da konnte ich endlich verkaufen, was ich auch verkaufen wollte." (Porträt: "Ich hab' nichts ausgelassen".)

Jörg Thadeusz: "Das wird eine Monumentalpreisverleihung"

Von jetzt an dauerte es noch knapp zwei Stunden bis zum Schlussakt auf der Bühne – dem großen Abschlussbild. "Das wird eine Monumentalpreisverleihung", hatte Jörg Thadeusz anfangs schon angekündigt, und lag damit auch völlig richtig. Dabei war Durchzuhalten nicht eine Sekunde ein Problem: Die vier Laudatoren, für jede Kategorie gab es einen, hielten kurzweilige Reden und lobten nicht nur pauschal und oberflächlich (ihre Reden finden Sie im Dossier zum Deutschen Buchhandlungspreis). Zwischendurch bat Jörg Thadeusz das Ensemble Berlin Counterpoint für eine musikalische Pause herein. Und außerdem gab es da ja noch die Frage, wer von den vielen im Saal bis zum Ende sitzenbleiben durfte: Wer schafft es in die Kategorie "Beste Buchhandlung"? Ein Spannungsbogen musste da erst gar nicht künstlich herbeikonzipiert werden.

In vier Kategorien waren insgesamt 117 Buchhändler auszuzeichnen. Schon allein aus rein logistischer Sicht hätte das kritisch werden können – wurde es aber nicht.

117 Namen von Buchhandlungen rief Thadeusz in den Saal, begleitete ihre Inhaber Richtung Bühne, achtete dabei strickt auf die alphabetische Reihenfolge – Alexander Oechsner, Referent im Kulturstaatsministerium, steuerte den Ablauf sicher aus dem Hintergrund heraus, so dass Monika Grütters freie Bahn hatte. Sie überreichte jedem der 117 Preisträger oben im Rampenlicht je eine rote Rose und einen Umschlag mit dem Gütesiegel, gratulierte 117 mal, schüttelte 117 Hände, lächelte 117 mal in die Kamera. Hochkonzentriert und unermüdlich (schauen Sie ruhig mal in unsere Bildergalerien).

Alle Augen richten sich auf die drei besten unter den Besten 

Die mit undotiertem Gütesiegel wurden von ihr genauso herzlich beglückwünscht wie alle anderen, auch wenn die innere Aufmerksamkeit im Saal sich sukzessive auf etwas anderes richtete: Die Frage nach den drei besten Buchhandlungen, die traditionell erst ganz am Ende der Zeremonie ausgezeichnet werden. Diesmal waren es: Die Buchhandlung die schatulle lies-weise aus Osterholz-Scharmbeck, die Kinderbuchhandlung Findus aus Tharandt sowie die M. Lengfeld’sche Buchhandlung in Köln (alle Preisträger, siehe Bericht: Die Sieger).

Die Aufmerksamkeit für die drei Besten hielt sich, auch später während des anschließenden Empfangs, als es Gelegenheit gab, miteinander anzustoßen. Viel wurde aber zudem über Pläne gesprochen, über Feste mit Kunden, die sich anlässlich der Preisverleihung organisieren wollen, über Aktionen und Konzepte. Worin sie sich einig waren: Der Preis sei ein Geschenk von großem Wert – für die Ausgezeichneten der vergangenen drei Jahre, letztlich für alle.