Sie haben nach dem Abitur Partys veranstaltet und Platten aufgelegt. Wie kommt man von da aus zum Verlagsgeschäft?Ich konnte von meinen Veranstaltungen zwar gut leben, fällte aber nach drei Jahren die Entscheidung, beruflich doch lieber etwas "Vernünftiges" zu machen. Ich hatte Kontakte zum Rotbuch Verlag in Hamburg, und so begann ich dort eine Ausbildung zum Verlagskaufmann.
Und das gefiel Ihnen?Ja, denn ich war in einer sehr angenehmen Branche mit sehr beeindruckenden Persönlichkeiten untergekommen. Autoren wie Gerhard Seyfried und Feridun Zaimoglu gingen bei Rotbuch ein und aus, ich erlebte hitzige Vertreterkonferenzen und bewunderte den Mut und das Engagement der Verlagsmenschen, die ich dort kennengelernt habe.
Das klingt idyllisch. Sie sind der Branche ja auch treu geblieben...Im Prinzip ja, mit Ausnahme zweier Abstecher: Der erste führte zu einem Tonträgervertrieb, der zweite zu einer Media-Agentur. Eines kann ich sagen: Ich habe durch meine Arbeit im Musikgeschäft die Buchbranche noch mehr schätzen gelernt, denn im Tonträgermarkt herrscht, weil es keine Preisbindung gibt, ein brutaler Preiskampf.
Hat Ihnen Ihre Berufserfahrungen aus dem Tonträgergeschäft in der Verlagsarbeit genützt?Auf jeden Fall. Ich hinterfrage althergebrachte Abläufe. Zum Beispiel, warum lernen Buchverlage nicht aus den Erfahrungen der Digitalisierung der Musikbranche? Hier ist viel versäumt worden. Eine offene Herangehensweise an neue Anforderungen kann nicht schaden.
Sie sind ein Vertriebs- und Marketingmensch geworden. Warum?Vertriebsarbeit ist handfest, Marketing erfordert Kreativität, beides gefällt mir. Der Vertrieb hat ja auch eine wichtige Funktion bei der Produktgestaltung und wird früh in entsprechende Fragen einbezogen. Cover, Format, Preis – all diese Dinge müssen auch unter Marketinggesichtspunkten entschieden werden. Ich mag auch die Vermittlung zwischen Verlag und Kunden.
Seit Ende Januar leiten Sie Vertrieb und Marketingkommunikation beim E-Book-Dienstleister readbox. Was hat Sie an dem Job gereizt?Die Zukunft der Buchbranche ist digital, davon bin ich überzeugt. Die Verlage müssen aktiv werden und sich massiv um das digitale Geschäft kümmern, aber dafür braucht man auch externes Know-How. readbox ist dafür ein Spezialist mit einer sehr guten Marktstellung und renommierten Kunden wie Carlsen, Piper, Haufe und dem Bauer Verlag. Ich sehe viele Möglichkeiten bei der Auslieferung, Vermarktung und Herstellung von E-Books. In-Book-Marketing und digitale Leseproben, Rezensions- oder Leseexemplare werden immer wichtiger. Wie kann ein Verlag dies Sichtbarkeit seiner digitalen Produkte erhöhen, was hat er für Möglichkeiten im Bundeling oder bei Preisaktionen? Wie kann eine erfolgreiche Digital-First-Strategie aussehen? Das alles ist sehr spannend.
Was raten Sie jungen Menschen, die gern ins Verlagsgeschäft einsteigen wollen?Sie sollten auf jeden Fall ihr Know-how im digitalen Bereich ausbauen. Sehr bald wird sich hier der Personalbedarf der Verlage signifikant erhöhen. Und sie sollten sich im Eigenvertrieb üben, auf Messen gehen, den Markt beobachten, so oft es geht mit Branchenteilnehmern sprechen und daraus die eigenen Chancen ableiten.
Wenn Sie Ihre bisherige Laufbahn betrachten, würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Nein, nicht wirklich.
Interview: Regine Meyer-Arlt
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