Börsenverein: Deutsch-französischer Verlegeraustausch in NRW

"Bücher sind in Deutschland deutlich günstiger"

13. April 2018
von Börsenblatt
Es geht um Vertriebssysteme und Verlagsförderung, um potenzielle Lizenzpartner und die Situation im Buchhandel: In Köln treffen sich derzeit deutsche und französische Verleger aus NRW und Hauts-de-France zum Austausch. Alle haben dabei unterschiedliche Erwartungen im Gepäck, wie der erste Programmtag zeigte.

Nach ihrem Rundgang durch vier Kölner Buchhandlungen am Donnerstagvormittag waren die französischen Verleger der Association des éditeurs Hauts de France ziemlich erstaunt - und verglichen die Sortimentslandschaft am Rhein mit der in ihrer Heimat: "Lille ist etwa so groß wie Köln und hat 40 Buchhandlungen. Hier in der Stadt am Rhein gibt es mehr als 130, das hätte ich so nicht erwartet. Und die Vielfalt, von ganz groß bis klein und sehr spezialisiert, hat mich beeindruckt": Dieses Fazit zieht Céline Telliez vom Verlegerverband aus der Partnerregion Nordrhein-Westfalens.

Die Gruppe besuchte die Mayersche Buchhandlung, die Buchhandlung Klaus Bittner, die M. Lengfeldsche Buchhandlung und die Buchhandlung Walther König. "Zu den besonderen Momenten dieser Buchhandelstour gehörte der Einsatz einer alten Registrierkasse in der Lengfeldschen Buchhandlung, der bei den Gästen gut ankam", berichtet Anja Bergmann, Regionaldirektorin des Börsenvereins in NRW.

Bei Bastei Lübbe stehen Vertriebsfragen auf dem Programm

Es ist das erste Verlegertreffen mit Vertretern der Partnerregionen NRW und Hauts-de-France. Nach dem morgendlichen Rundgang trafen sich die deutschen und französischen Teilnehmer am Nachmittag zum Austausch im Institut francais. "Interessant finde ich, dass in Deutschland viele Bücher deutlich günstiger sind als bei uns. Damit erleichtert man den Zugang zum Buch. Ich möchte wissen, wie in Deutschland der Buchhandel und das Verlagswesen organisiert sind", sagt Frédéric Lépinay. Er hat sich mit seinem Verlag "Les Lumières de Lille" auf regionale Literatur spezialisiert und nimmt auch kritisch aktuelle Themen wie den Stadionbau in Lille oder historische Ereignisse im Ersten und Zweiten Weltkrieg unter die Lupe. 

Auch für das breite Angebot an Lesungen im Buchhandel können sich die französischen Besucher begeistern. Am Freitag waren sie außerdem bei Bastei Lübbe zu Gast, um sich über den Buchvertrieb in Deutschland zu informieren. "Der läuft wohl deutlich flüssiger als bei uns", meint Céline Telliez vom Verlegerverband.

Eine fahrende Bibliothek - und die Hoffnung auf neue Lizenzpartner

Und welche Hoffnungen haben die Franzosen bei ihrer Deutschlandreise im Gepäck? "Eine bessere Präsenz unserer Veröffentlichungen und neue Partnerschaften zum Beispiel bei Lizenzen", antwortet Telliez, bevor sie den deutschen Kollegen einige der 53 Verlage aus ihrer Region vorstellt. Die Bücher befinden sich dabei in einem speziellen Möbelstück, eine Art fahrende Bibliothek.

Die Bandbreite der präsentierten Programme aus Frankreich reicht vom Comic für Kinder und Mangas bis zu  anspruchsvollen, ungewöhnlichen Bildbänden – etwa zum Karneval auf Haiti. Auch besondere Reiseführer werden in der Region um Lille auf den Markt gebracht. Sie zeigen die porträtierten Städte aus der Perspektive ihrer Bewohner oder sind fast wie ein Comic illustriert.

Am zweiten Tag stellte Stefan Könemann, Geschäftsführer des Barsortiments Könemann, in der Zentrale von Bastei Lübbe in Köln die Arbeitsweise der Barsortimente vor, die es in Frankreich so nicht gibt. Die französischen Partner berichteten ihrerseites über das System der Verlagsförderung in Frankreich. Auch Ministerialdirektor Karl-Uwe Büthof war dabei zu Gast, bei den Düsseldorfer Landesbehörden Leiter der Abteilung Innovation und Märkte, Referat Kreativwirtschaft, Medienwirtschaft und kreative Netzwerke.

Die deutschen Kollegen setzen auf neue Kontakte und Inspirationen 

Die Erwartungen der deutschen Verleger an das Treffen waren ganz unterschiedlich: "Wir haben in den 90er Jahren französische Bücher herausgebracht und würden diese gerne neu und überarbeitet wieder auflegen. Ich hoffe, hier Interessenten für das Vorhaben zu finden", sagt Horst Ziethen vom gleichnamigen Verlag.

"Ich bin als ehemaliger Lehrer Seiteneinsteiger im Verlagswesen und freue mich auf alles, was ich neu lernen kann", erklärt Arnold E. Maurer vom Bonner Verlags-Comptoir/Edition Bonn-Venedig. Er möchte erfahren, was andere Verleger planen, denken und wie sie mit den aktuellen Herausforderungen umgehen.

"Hier bekomme ich einen tollen und komprimierten Überblick und kann neue Kontakte knüpfen. Das wäre auf einer großen Buchmesse viel schwerer", so auch Patricia Hahne-Wolter von SchauHoer in Pulheim. Beim Moses-Verlag aus Kempen erhofft man sich neue Inspirationen: "Es ist spannend zu sehen, wie andere Verlage ihre Bücher aufmachen und gestalten - und immer gut, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken", sagt Ina Lutterbüse vom Programm-Management.

Wer sich für den deutsch-französischen Verlagsaustausch interessiert: Am 26. und 27. April geht das Programm in die zweite Runde, mit einer Begegnung für Krimiverleger. Informationen gibt es hier.