Neue Ratgeber für ein effektives Work-out

Bis an die Grenze!

11. März 2016
von Börsenblatt
Bei Fitnessratgebern gibt es derzeit zwei große Trends: Bücher, die versprechen, mit kleinen Übungen ans Ziel zu kommen – und Anleitungen für Körperkultisten, die sich wie Spitzensportler stählen wollen. 

Können Sie sich den Schriftsteller Franz Kafka (1883 – 1924) beim täglichen Work-out vorstellen? Jeden Abend "müllerte" der Autor von "Die Verwandlung" auf seiner Stube mit eiserner Disziplin und Hingabe: Kraftgymnastik, Atemübungen, Stretching, mindestens eine Viertelstunde. Als Grund­lage diente ihm der internationale Bestseller "Mein System", in dem der dänische Ausnahmesportler Jørgen Peter Müller Tipps für ein tägliches, systematisches Kurztraining gab. Allein die deutsche Erstausgabe von 1904 verkaufte sich fast 400 000-mal. Das Zeit­alter der "Zimmergymnastik" hatte begonnen, Müller legte Titel "für Frauen" und "für Kinder" nach.

Hart, härter, stahlhart 
Die Fitnesswelle rollt noch heute mit unverminderter Kraft, hat sogar weiter an Tempo gewonnen: "Im Groben gibt es zwei große Zielgruppen, die wir mit ansprechen", ­erläutert Sina Arndt vom Riva Verlag: "Sportmuffel, die einen Einstieg suchen und Sportler, die bereits drei- bis viermal die Woche intensiv trainieren und mit speziellen Titeln ihre Performance weiter steigern möchten." Spezialistenwissen und dicke Wälzer mit umfassenden Tipps zu Ernährung und mehrwöchigen Trainingsprogrammen für Selbstopti­mierer dominieren das Bild: Yoga, Faszien, Bodyweight- und Crossfitratgeber sind allgegenwärtig. Kafka wäre heute wohl im Wohlfühlbereich Yoga oder Mini-­Work-out unterwegs, soldatische Härte war dem eher kränklichen Versicherungsmitarbeiter fremd.

Fit in 15 Minuten? 
Gemeinsamer Nenner vieler Sportbücher ist wie zu Kafkas Zeiten auch das Versprechen, mit regelmäßigem Training und kurzen Übungseinheiten Max Mustermann und Susi Sorglos fit zu machen. Wer sich an Michael Mosleys und Peta Bees Ratgeber "Fast Fitness – das Original" (Goldmann, Mai, 240 S., 8,99 Euro) hält, muss dreimal die Woche zehn Minuten schwitzen – dank intensiver Übungen ist das zwar gesund und überall möglich ("Treppenhaus hochstürmen"), aber leider zu wenig für eine Figur wie eine Marmorstatue.

Da muss man schon andere Kaliber auffahren. Achtung, Studien nehmen hier mehr Raum ein als die Übungen selbst! In "Fitness-Minis" (Gräfe und Unzer, 144 S., 16,99 Euro) zeigen elegant fotografierte Frauen Übungen, die man "nebenbei" machen könnte, im Büro oder beim Zähneputzen – eine schöne Idee der Autorin Tina Schütze, bei der es dann wohl in den meisten Fällen auch bleibt.

Männer lösen mit "Das Men's Health 15-Minuten-Workout-Buch" (Falken, April, 288 S., 12,99 Euro) ein Ticket für den niedrigschwelligen Einstieg in ein Leben mit sportlicher Selbsttortur – ­genug für einen Schnellstart all jener, die sich keine Gedanken über Trainingspläne machen, sondern sich einfach bewegen wollen.

Effektiv trainieren 
"Das moderne Fitnessstudio sieht aus wie eine Turnhalle", prophezeit Sportwissenschaftler Jörn Rühl in seinem neuen Buch "Crosstraining 4FX" (Meyer & Meyer, Mai, 364 S., 24,95 Euro). Nicht grundlos stellt er Übungsgeräte wie Seile, Medizinbälle, Kugelhanteln und Bänke vor, bei denen mancher Leser an seine körperlichen Glanzzeiten im lange vergangenen Schulsport denken wird. Beim Crossfit wird normalerweise in Kleingruppen trainiert: Warm-up, Cool-down und zwischendrin ein bunter Strauß anstrengender Übungen. Rühls Ratgeber ist so bodenständig wie seine Models in der Turnhalle – und so ausführlich bebildert und beschrieben, dass nicht nur Übungsleiter – für die der Band gedacht ist –, sondern auch Einzelkämpfer hier entschlossen zupacken können.

Ohne Geräte 
In der Nachfolge von Marc Laurens Longseller "Fit ohne Geräte" (Riva) steht Björn Kafkas Novität "Functional Fitness ohne Geräte" (Delius Klasing, April, 160 S., 24,90 Eu­ro). Viele Übungen sind Eingeweihten zwar aus den Vorgängerbüchern bekannt, aber das Konzept besticht: Hier finden Anfänger und Fortgeschrittene ein 10-Wochen-Programm mit teil­weise ausgefallenen Übungen und werden mit dem schönsten Muskelkater belohnt.

Eine sinnvolle Ergänzung für alle, die beim Starkwerden gern beweglich bleiben möchten, sind die 100 Übungen in "Anatomie & Stretching" (Meyer & Meyer, 168 S., 22,95 Euro) vom spanischen Sportwissenschaftler Guillermo Seijas. Ob Franz Kafka hier zugegriffen hätte, um gelenkig zu bleiben? Wir hätten es ihm empfohlen.

Bonus für Fortgeschrittene

Schwing die Eisenkugel!
Mit "Das große Kettlebell-Trainingsbuch" hat Sportexperte Till Sukopp den besten Titel zum Thema Kugelhantel auf den Markt gebracht. Im Folgeband lernen nun Profis, eigenständig effektive Trainings zu gestalten – nur für diese ist das Buch gedacht.
Till Sukopp: "Kettlebell-Training für Fortgeschrittene. Trainingsplanung und die besten Methoden"  /  Riva  /  224 S.  /  19,99 € 

Langhantel für breite Schultern:
Der Coach ist zurück – Seyit Ali Shobeiri bietet einen 12-Wochen-Trainingsplan für das anspruchsvolle Training mit der Langhantelstange. Beim Vorgängermodell brauchte man dank Eigengewicht nur das Buch. Besonders gelungen: viele Ernährungs- und Motivationstipps!
Seyit Ali Shobeiri, Jennifer Strunk: "No Excuses. The next Level!"  /  Falken  /  April  /  176 S.  /  19,99 €

Nicht nur für schwere Jungs:
Natürlich kokettiert Exsträfling Paul Wade mit seiner Knast-Vergangenheit. Aber seine Übungen haben es in sich und sind eine wahre Fundgrube für Sportler, die einen gesunden Ausgleich suchen.
Paul Wade: "Trainieren wie im Knast 2"  /  Riva  /  Mai  /  340 S.  /  19,99 €