Führungskräftetraining der Bücherfrauen

Die Stärken beider Geschlechter nutzen

25. Mai 2016
Redaktion Börsenblatt
Zum Portfolio der Bücherfrauen gehört jetzt auch ein Führungskräftetraining. Seminarleiterin Christiane Engel-Haas erklärt, was wirksame Führung ausmacht und warum sich Genderkompetenz für Unternehmen lohnt.

"In Führung gehen" ist der Titel des neuen Fortbildungs­angebots der Bücherfrauen-Akademie. Wodurch zeichnet sich dieses neue Format aus und wie unterscheidet es sich von anderen Angeboten?
Das Seminar ist meines Wissens das einzige Angebot, das sich gezielt an (künftige) Führungsfrauen in der Buch- und Verlagsbranche wendet. Es ist für Frauen konzipiert, die erstmals Führungsverantwortung übernommen haben oder aktiv eine Führungsposition anstreben. Gerade die ersten Jahre als Führungskraft sind erfolgsentscheidend – hier formt sich der persönliche Führungsstil aus, hier entscheidet sich, ob man einem Team lediglich "vorgesetzt" wird oder ob man sich zum Leader entwickelt, der/die ein Team zu Höchstleistungen führt.

Sie bringen viel Führungserfahrung aus der Buchbranche mit. Was haben Sie dabei erfahren?
Die Branche ist von ihrem Selbstverständnis her eher in kulturellen Traditionen verhaftet. Die Unternehmensstrukturen sind klassisch organisiert, das heißt streng hierarchisch und klar nach Funktionsabteilungen getrennt. Führungskräfteentwicklung findet in der Regel nicht statt.

Haben Sie den Eindruck, dass männliche Kollegen mit einer Frau anders umgehen als mit Männern? Wenn ja, sehen Sie das als Vor- oder Nachteil?
Ich möchte keinesfalls eine Polarisierung der Geschlechter propagieren – die Zeiten des Konkurrenzkampfes darum, welches das "bessere" Geschlecht ist, sind zum Glück lange vorbei. Gute Führung ist nicht per se männlich oder weiblich, sondern wird daran gemessen, ob sie wirksam ist. Wir alle haben im Bezug auf Gender mehr oder weniger starke Rollenstereotype verinnerlicht, die uns unbewusst steuern. Es geht nicht darum, diese Stereotype zu bewerten, sondern sich dieser bewusst zu werden, sie zu überwinden (oder spielerisch damit umzugehen) und die unterschiedlichen Stärken beider Geschlechter zum Wohle des Unternehmens zu nutzen.

Beförderungen erfolgen meistens aufgrund fachlicher Qualifikation. Welche Kompetenzen braucht es, um Mitarbeiter erfolgreich zu führen?
Mitarbeiterführung ist eine eigenständige Aufgabe, die Kompetenzen und Ressourcen erfordert. Es geht darum, Menschen zu befähigen, ihr Bestes zu geben und sie gemäß ihrer Fähigkeiten und Talenten einzusetzen und zu fördern. Wirksame Führung erfordert eine bewusste Auseinandersetzung mit der Führungsrolle und den damit verbundenen Aufgaben sowie die Bereitschaft zur Selbstreflektion und kontinuierlichen Persönlichkeitsentwicklung. Führung kann man lernen!

In der Buchbranche arbeiten mehrheitlich Frauen, die Führungsetagen sind in Männerhand. Woran scheitern Frauen auf dem Weg in Führungspositionen? Stehen ihnen "typisch weibliche" Eigenschaften im Weg?
Allgemein ist die Wirtschaft bislang von vermeintlich männlich konnotierten Werten geprägt (Durchsetzungsvermögen, Sachlichkeit, etc.). Bei Stellenbesetzungen spielt zudem das Prinzip der "homosozialen Kooptation" eine Rolle, das heißt offene Posten werden unbewusst an Personen vergeben, die dem Entscheider ähnlich sind. Das gilt im Übrigen für beide Geschlechter. In Sachen Vereinbarkeit von Beruf und Familie hat sich in den letzten Jahren viel bewegt, dennoch tragen weiterhin meist Frauen die Nachteile in Form von Stereotypen ("Die wird eh bald schwanger"), schlechterer Bezahlung, Teilzeittätigkeit, unterbrochenen Beschäftigungsverhältnissen und mangelnder Vernetzung.