Buchhändler, Lyriker und Verleger

Gideon Schüler ist tot

21. Februar 2017
von Börsenblatt
Am 11. Februar ist der Buchhändler und Verleger Gideon Schüler, der von 1960 bis 2005 die J. Ricker'sche Universitäts-Buchhandlung in Gießen führte, wenige Tage nach seinem 92. Geburtstag gestorben, wie sein Sohn Jan Schüler mitteilt.

Gideon Schüler wurde am 7. Februar 1925 in Eschwege geboren. 1942 wurde er als 17jähriger in die Division Hermann Göring eingezogen und in Litauen eingesetzt. Dort befreundete er sich mit dem späteren Schriftsteller Dieter Wellerhoff. 1995 veröffentlichte Wellershoff über diese Zeit den Roman "Der Ernstfall. Innenansichten des Krieges", den er Gideon Schüler und einem weiteren Kameraden jener Jahre widmete, so Jan Schüler.

Von 1945 bis 1947 absolvierte Gideon Schüler eine Buchhändlerlehre bei Otto Roppel in Marburg. Danach folgten Stationen als Buchhandlungsgehilfe und als Reisevertreter im Tabakhandel. 1959 kehrte er in die Buchbranche zurück, wurde Lektor Walltor-Verlag in Gießen. Ein Jahr später übernahm er die 1832 von Joseph Ricker gegründete J. Ricker’sche Universitäts-Buchhandlung in der Universitätsstadt, verlegte den Standort vom Seltersweg an den Ludwigsplatz 12−14. Erste Lyrikbände brachte er im selben Jahr unter dem Namen "S. Gideon Verlag", ab 1962 unter dem Namen "Verlag Gideon Schüler" heraus, darunter Gedichte von Willem Enzinck, Anna Maria Achenrainer und dem niederländischen Schriftsteller Willem Brandt.

1969 wurde Schüler Gesellschafter im Anabas-Verlag Gießen. Im selben Jahr gründete er die "Galerie im Hof" in der Grünberger Straße 16a, die er bis 1974 leitete. Dort stellte er Bildende Künstler aus. Ende der siebziger Jahre wurde Schüler Gesellschafter im Focus Verlag Gießen. 1986 gründete er eine eigene Buchreihe, die "Edition Literarischer Salon", die zuerst im Focus Verlag erschien und später von ihm als eigenständiger Verlag weiter geführt wurde. In der Edition veröffentlichte er in kleinen Auflagen Lyrik von Emigranten oder Texte, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzten. Zu den Verlagsautoren zählten etwa Harry Oberländer, Siegfried Einstein, Karl Riha, Hans Joachim Leidel und Klaus Mampell. Freundschaftlich verbunden war Schüler besonders Hans Keilson, dessen Gedichtband "Sprachwurzellos" er zwischen 1986 und 1998 in fünf Auflagen herausgab. Insgesamt erschienen in der "Edition Literarischer Salon" bis 2005 43 Publikationen.

1995 veröffentlichte Gideon Schüler den eigenen Gedichtband "Stehen(d) bleiben, Sisyphos". Seine Gedichte erschienen auch in der Zeitschrift "Die Horen". 2005 verkaufte er die Buchhandlung und stellte die Verlagstätigkeit ein.