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Laura Hofmann: im Kleinverlagslabor

31. Januar 2019
von Christina Busse
Diskutieren, ausprobieren: Mit einem Leipziger Forschungsprojekt setzt sich Laura Hofmann für die Digitalisierung in unabhängigen Verlagen ein. Worauf es dabei ankommt? Das weiß sie aus ihrer eigenen Arbeit für den Liesmich Verlag.

"Man muss den Nachwuchs auch einfach mal schwimmen lassen und sehen, was passiert", sagt Laura Hofmann. Sie selbst träumte vor gut drei Jahren, zum Ende ihres Germanistik­studiums, davon, Kinder- und Jugendliteratur zu lektorieren. Heute steht tatsächlich das Buch im Mittelpunkt ihrer Arbeit – doch dabei dreht sich fast alles um FiDiPub. Was wie ein lustiges Zauberwort aus einem Kinderbuch klingt, steht für "Fit for Digital Publishing", eine Initiative, die Kleinverlage in Sachsen darin unterstützt, Eingang ins digitale Zeitalter zu finden.

"Als wir den Verlagen das Projekt vorstellten, haben viele anfangs direkt an E-Books gedacht. Digitalisierung bedeutet aber ja viel mehr. Zum Beispiel können auch in Marketing und Vertrieb Prozesse digital gemacht werden", erläutert Laura Hofmann die Intention von FiDiPub. Die 29-Jährige koordiniert nicht nur das auf vier Jahre angelegte Projekt, schon während ihres Studiums hat sie als wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Angewandte Informatik (InfAI) gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen "Ideen zur Digitalisierungsthematik gesponnen" und wurde so Teil eines Innovationsteams, das 2015 ins Leben gerufen wurde. "Noch während meines Masterstudiums habe ich den Antrag geschrieben und damit sozusagen meine eigene Stelle geschaffen", erläutert Hofmann. Im Sommer 2016 konnte sie mit FiDiPub an den Start gehen. Neben dem Institut für Wirtschaftsinformatik und dem InfAI sind noch die Leipzig School of Media und die Kommunikationsagentur zwonull media mit an Bord.

Die rege Verlags- und Kreativszene in Leipzig bietet Hofmann viel Stoff für die Recherche. Von den etwa 165 Verlagen in Sachsen sei ein großer Teil in Leipzig zu finden: "Mir ist wichtig, dass das Projekt nicht an der Realität vorbei konzipiert wird. Die Verlage selbst sind Impuls- und Ideengeber", betont Hofmann. Mit rund 20 Verlagen, die äußerst heterogen in ihrem Profil und  ihrem jeweiligen Digitalisierungsgrad sind, arbeitet sie im Rahmen von FiDiPub zusammen. "Anfangs haben wir viel Community-Building betrieben und unser Projekt über viele Gespräche erläutert", so Hofmann.

Aus den Rückmeldungen heraus wurde im letzten Jahr gemeinsam mit der Leipzig School of Media eine erste Workshop-Reihe entwickelt. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe gelingt: "Die Resonanz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigt, dass sich ihnen neue Perspektiven eröffnen. Wenn wir erste Ideen für kreative Kampagnen anstoßen können und die Leute mit einem Lächeln rausgehen, ist das das schönste Feedback", so Hofmann. Im Frühjahr eröffnet FiDiPub eine Laborumgebung für Kleinverlage, in der Branchentrends und zukunftsträchtige Technologien für ­Kreativschaffende präsentiert und von diesen getestet werden sollen. Für Mai ist die nächste FiDiPub-Konferenz geplant, Thema: »Innovation in der Buchbranche«. "Ich führe dazu viele Experten-Interviews und lerne jeden Tag dazu", erzählt Hofmann.

Dass sie auf dem Boden der Tatsachen bleibt und die meist geringen Ressourcen der kleinen Verlage im Blick behält, dafür sorgt ihr "kulturelles Ehrenamt", wie sie es scherzhaft nennt: Seit seiner Gründung 2013 ist sie Teil des Leipziger Liesmich Verlags, der von "einem bibliophilen Freundeskreis" getragen wird. "Dass ich vor Projektstart schon Teil eines Kleinstverlags und in der sächsischen Verlagsszene gut vernetzt war, ist ein großer Mehrwert", stellt Hofmann fest. Mit den flachen Hierarchien, dem unkonventionellen Arbeiten, den Meetings in Parks und WGs, dem täglichen digitalen Austausch, der projektbezogenen, intensiven Zusammenarbeit in den Kleinverlagen könne sie sich gut identifizieren.

Ihre Aufgabe bei FiDiPub sieht sie auch zunehmend als Mediatorin zwischen den Verlagen und ihrem interdisziplinären Team. Noch bis Juli 2020 läuft das Projekt, in dem bis zu zehn Mitarbeiter beschäftigt sind. "Das ist auch der Weg, den ich die nächsten Jahre weitergehen will. Über den Tellerrand zu schauen ist ein Gewinn für alle Beteiligten und lehrt mich tagtäglich, auch in herausfordernden Situationen empathisch und wertschätzend zu agieren", meint Laura Hofmann.

Wenn sie nicht gerade in Sachen FiDiPub oder Liesmich im Einsatz ist, eine aus Syrien geflüchtete Abiturientin bei Faust'schen Lektüreaufgaben unterstützt oder in der Städtegruppe der Jungen Verlagsmenschen mitmischt, stöbert sie gern auf Flohmärkten nach Vintageschmuck oder powert sich beim Latindance aus: "Dabei kann ich loslassen, das Denken mal ausschalten. Tanzen verschafft mir so viele gute Gefühle und auch Sicherheit für meine Präsenz auf der Bühne, wenn ich als Diskutantin gefragt bin."

Was sagen Sie zu ...

... Eventisierung?
"Wenn wir mit Leserinnen des Liesmich Verlags in einer Citroën-'Ente' eine rasante Tour durch Leipzig drehen, ist das Storytelling at its best."

... Leipzig?
"Ist für mich ein Lebensgefühl. Bunt, unkonventionell, mit einer regen Kreativszene. Ein guter Ort, um sich beruflich eine eigene Nische zu schaffen."

... feministischem Lesetipp für Jugendliche?
"'Girlsplaining' (Reprodukt) erzählt eine weibliche Sozialisation in den 90er Jahren und vermittelt spielerisch und leicht komplexe politische Inhalte. Sehr cool."

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