Einige der bedeutendsten Firmen des internationalen Antiquariatsbuchhandels hatten ihre Teilnahme zugesagt, und auch Ort und Termin der ersten chinesischen Antiquariatsmesse waren ideal gewählt. Die Weltstadt Hongkong (Asias world city), die Besuchern alle Vorzüge einer globalisierten Metropole bietet, ist von Nordamerika, Europa, Japan und Australien aus hervorragend mit dem Flugzeug zu erreichen. Und der Termin am ersten Adventswochenende, mit gerade ausreichend Abstand zu den Weihnachtsfeiertagen, liegt in Hongkongs schönster, weil trockener und milder Jahreszeit. Die äußeren Voraussetzungen für einen Erfolg dieser Veranstaltung waren also gegeben und er trat tatsächlich ein. Die Organisation Ansprechpartner vor Ort war die Hongkonger Traditionsbuchhandlung Swindon Book / Kelly & Walsh darf als vorbildlich bezeichnet werden, bis hin zur Koordination der bequemen Abwicklung des An- und Abtransports der Bücher durch eine internationale Spedition. Eine ausgezeichnete Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (eigens dafür zuständig: die Autorin und Journalistin Fang-Ling Jong, die in Taipeh und San Francisco lebt) und der sorgfältige Versand von Einladungen an entsprechende Interessenten (Bibliothekare, Journalisten, Privatleute etc.) vor allem aus Hongkong, China, Taiwan, Japan und anderen asiatischen Ländern sorgten für einen fast durchgehend regen Publikumszustrom, abgesehen von den ersten Vormittagsstunden an den beiden Wochenendtagen. Einige Aussteller wünschten sich deshalb, die Messeöffnungszeiten deutlich nach hinten, in den Abend hinein zu verschieben, weil das offensichtlich mehr den Lebens- und Freizeitgewohnheiten der Hongkonger entspricht, wie sich am späteren Samstagabend in den zahlreichen Shopping Malls der Innenstadt beobachten ließ.
Der Veranstaltungsort selbst, der fünfte Stock des nüchtern-modernen, in den 1990er Jahren errichteten Pacific Place Einkaufs- und Konferenzzentrums in Hongkong Central, war für eine öffentliche Antiquariatsmesse ungewöhnlich, da nur per Rolltreppe und Aufzug zu erreichen; jedoch hielt das die Besucher nicht ab. Der Großteil des Publikums, darunter viele jüngere Leute, schien aufgrund der gezielten Einladungen und der zahlreichen informativen Pressevorberichte den Weg zur Messe gefunden zu haben (allein in den weit verbreiteten englischsprachigen Tageszeitungen Standard und South China Morning Post erschienen mehrere illustrierte Artikel). Das auf der Messe ausgestellte exklusive Buch- und Grafikangebot wurde ausgiebig gewürdigt, viele Fragen gestellt und Gespräche geführt. Aufsehen bei vielen Besuchern erregte etwa Adrian Harrington aus London, der den ersten Harry Potter-Band von 1997 in der Erstausgabe mitgebracht hatte neben Ian Flemings James Bond-Büchern, ebenfalls in den ersten Ausgaben. Diese Werke zählten wahrscheinlich zu den mit Abstand am meisten fotografierten auf der Messe.
Die Stimmung unter den Ausstellern war, soweit sich das allgemein sagen lässt, gut bis sehr gut. Die Erfahrungen der vier deutschen Teilnehmer Winfried Geisenheyner (Münster), Hans Lindner (Mainburg), Manfred Nosbüsch (Euskirchen-Kuchenheim) und Uwe Turszynski (München) Thomas Schneider aus Augsburg musste die Hongkong-Reise aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig absagen, ILAB-Präsident Michael Steinbach aus München war am Lindner-Stand mit seinem Angebot vertreten, aber nicht persönlich anwesend waren uneinheitlich. Am erfolgreichsten verlief die Veranstaltung für Manfred Nosbüsch, der bereits am Freitag, an dem von 17 bis 20 Uhr geöffnet war, von guten Verkäufen an Kollegen und Privatleute berichtete und zahlreiche Gespräche führte. Die Geschäfte bei Geisenheyner, Lindner und Turszynski verliefen wesentlich verhaltener, doch war man keineswegs unzufrieden oder gar enttäuscht.
Im Spätherbst 2008 wird es nach Aussage von Paul Feain aus Australien, der die Messe zusammen mit seinem Kollegen Mitsuo Nitta aus Japan initiiert hatte, voraussichtlich eine Fortsetzung der Hongkonger Messe geben. Die Kontakte zu chinesischen Kollegen sollen im Vorfeld der zweiten Messe noch einmal intensiviert werden, auch durch einen bereits fest geplanten Besuch Feains in Peking. Gesucht werden in Hongkong außerdem bessere Räumlichkeiten; für die Auftaktveranstaltung war im Frühjahr 2007 zunächst nur ein großer Raum im Pacific Place Conference Centre angemietet worden; wegen der doch unerwartet starken Nachfrage von Antiquaren aus aller Welt wurden später zwei etwas kleinere Räume auf derselben Etage hinzugenommen, was vielleicht für einige Besucher eine gewisse Unübersichtlichkeit bedeutete. Paul Feain, am Sonntagnachmittag sichtlich glücklich über den großen Erfolg der Premiere, wollte unmittelbar im Anschluss an die Messe geeignete Räume in der Stadt besichtigen. Weitere Einzelheiten werden Anfang 2008 mitgeteilt.
Das Fazit der ersten Antiquariatsmesse in Hongkong fiel für die meisten Aussteller und auch für den Beobachter eindeutig positiv aus. Die Reise dürfte sich für alle Beteiligten gelohnt haben, wenn auch noch nicht immer in wirtschaftlicher Sicht. Verschiedene Stimmen betonten das enorme Potential, das eine internationale Hongkonger Antiquariatsmesse für die Erschließung des asiatischen Raumes bietet. Angesichts der kulturellen Unterschiede und des für westliche Antiquare bislang kaum zugänglichen asiatischen Buchmarktes braucht es, darüber bestand Übereinstimmung, Ausdauer und fortgesetzte persönliche Präsenz, um diese Messe zu etablieren und die sich andeutenden vielfältigen positiven Entwicklungen weiter zu befördern.
Björn Biester