Antiquariat

Antiquariat Rainer Kurz mit neuem Lager-Ladengeschäft

5. März 2008
Redaktion Börsenblatt
Das Oberaudorfer Versandantiquariat des Ehepaars Rainer und Regina Kurz betreibt seit Herbst 2007 wieder ein Ladenlokal, genauer: einen Lagerladen. Ein Gespräch mit Inhaber Rainer Kurz.
Was war der Anlass zur Eröffnung des neuen Ladens? Die Entwicklung fing damit an, dass unser altes, etwa 50 Quadratmeter großes Lager für uns nicht mehr handhabbar war. Nun sind Lagerräume, zumal solche, die ebenerdig gelegen und beheizbar sind, in unserer Gegend teuer. Und eigentlich in einem kleinen Ort wie Oberaudorf mit seinen 5.000 Einwohnern kaum zu finden. Das neue Lager fanden wir in einem ehemaligen, lange leer stehenden Lebensmittelgeschäft, das im Dorf etwas abseits liegt. Es sind 100 Quadratmeter im Erdgeschoss und noch einmal 60 im Keller, also eine Verdreifachung unseres bisherigen Lagers. Das schien uns ideal. Der Schritt vom Lager zum Lagerladen war dann nur noch ein kleiner: wir haben uns gefragt, lassen wir die große Schaufensterfläche offen oder hängen wir sie zu? Hinter einer Verdeckung wollten wir doch nicht arbeiten, so entstand die Idee zum neuen Laden. Verbindliche Maxime war, dass die Ladenmiete plus Nebenkosten das Minimum für den zu erzielenden Umsatz markiert. Jetzt, nach ein paar Monaten, ist es aber schon ungefähr das Doppelte. Wir sind sehr zufrieden. Was wird nachgefragt? Was für Kunden kommen? Zunächst muss man sehen, dass wir ja nur an Freitagnachmittagen vier Stunden öffnen und bislang kaum Werbung für unsere Öffnungszeiten gemacht haben. Am Anfang kamen deshalb hauptsächlich Leute aus der Umgebung, vielleicht zehn im Schnitt pro Freitag; langsam spricht es sich aber herum. In der Nähe liegt eine Krebsnachsorgeklinik, wo die Patienten teilweise sehr lange untergebracht sind. Von dort hatten wir kürzlich einen Kunden, der über mehrere Wochen hinweg 20 bis 30 Bücher für insgesamt etwa 600 bis 700 Euro erworben hat. Ich sehe außerdem Potenzial. Wir sind nur 25 Kilometer von Rosenheim entfernt, Österreich ist nahe. Zu der Frage, was nachgefragt wird: die Kunden kommen mit speziellen Wünschen, es sind weniger Sammler. Und unser Angebot ist darauf ausgerichtet, mit vielen Büchern im Bereich von 15 bis 20 bis maximal 100 Euro. Im Hauptgeschäft des Versandantiquariats, circa 250 Höhenmeter den Berg hinauf, stehen die wertvolleren Bücher. Es gibt aber auch im Lagerladen Ausnahmen. Im Ort wohnt ein Sammler von Schmetterlingen, der fand bei uns mehrere Stiche mit Schmetterlingsansichten, die einen Preis im unteren dreistelligen Bereich hatten. Halten Sie Elemente dieser individuellen Ladenlösung für verallgemeinerbar? Ich glaube kaum, dass das verallgemeinerbar ist; die Lösung ist ganz auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten. Der Laden liegt wirklich abseits der Verkehrsströme, er ist billig, bringt aber gewiss keinen Mengenumsatz oder eigentliche Laufkundschaft. Auch ein hoher Bekanntheitsgrad lässt sich damit vermutlich nicht erreichen. Ladenantiquariate werden ja seit Jahren – etwas vorschnell – für tot erklärt. Wie ist Ihre Sicht? Wie verteilt sich bei Ihnen der Umsatz? Wir passen in dieser Hinsicht ins Schema der öffentlichen Wahrnehmung: unser großes Ladenantiquariat in Rosenheim haben wir Ende 1997 geschlossen, allerdings nicht wegen des aufkommenden Internet-Handels – die Entwicklung war damals noch gar nicht absehbar. Seitdem haben wir ein Online-Angebot von 6.000 bis 7.000 Büchern im Netz aufgebaut, momentan auf den Plattformen Abebooks, Antbo, Maremagnum, Prolibri und ZVAB. Hier werden wir allerdings in der nächsten Zeit bis auf circa 4.000 Titel reduzieren, weil sich das Einstellen bestimmter, billiger Bücher betriebswirtschaftlich einfach nicht mehr lohnt. 30 Prozent unseres Gesamtumsatzes kommt online zustande, 30 bis 40 Prozent auf Antiquariatsmessen wie der Antiquaria in Ludwigsburg im Januar, wo wir seit Anfang an dabei sind, und auf Veranstaltungen wie der Auer Dult in München, wohin wir jedes Mal an die 100 Bananenkartons mit Büchern mitnehmen. Der Rest wird über gedruckte Listen, Kataloge und jetzt auch über das neue Geschäft generiert. Ich meine, das ist eine ganz gute Mischung. Die Fragen stellte Björn Biester