Bibliotheken

Bibliothekare fordern Bibliotheksgesetz für Berlin

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Finanzierungsprobleme führen in Berlin anhaltend zur Schließung öffentlicher Bibliotheken und zur Verschlechterung des Medienangebots. Eine Podiumsdiskussion des Kulturforums der Stadt und des Kulturforums der SPD suchte gestern Abend nach Wegen, Bibliotheken als Kultur- und Bildungseinrichtungen zu stärken und durch ein Landesgesetz zur Pflichtaufgabe der Politik zu machen.
Die Bundestags Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland“ hatte es in ihrer Analyse der kulturellen Infrastruktur bereits deutlich ausgesprochen: Trotz beeindruckender Nutzerstatistik führen deutsche Bibliotheken im internationalen Vergleich ein Mauerblümchendasein. In Ländern wie Dänemark, Singapur oder den USA seien sie hingegen Teil des Bildungskonzepts für die Informations- und Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts. Es gebe also viel aufzuholen. In Berlin sind die öffentlichen Bibliotheken besonders stark durch die Sparpolitik des Landes betroffen. "Das Netz ist dünn geworden, obwohl die Bibliotheken in ihrer dezentralen Struktur als Orte der Bildung und Information eine wichtige Funktion haben“, erklärte der Leiter der Stadtbibliothek Tempelhof/Schöneberg Engelbert Boese. Von flächendeckender Versorgung sein man heute weit entfernt. Seit 1996 mussten in den Bezirken 125 Bibliotheken schließen, nur wenige neue und moderne sind hinzugekommen. Gerade forderte der Landesrechnungshof von den bestehenden 82 Bibliotheken nochmals die Hälfte dicht zu machen. Dagegen steht der hohe Zuspruch. Allein die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) verzeichnete 2007 fast 1,5 Millionen Besucher mit über 4,3 Millionen Ausleihen und ist damit eine der meistbesuchten Kultureinrichtungen der Stadt. Es gebe überall in der Stadt viele gute Beispiele auch für die Kooperation mit Schulen oder Einrichtungen der Migranten, um die Bildungsaufgaben der Bibliotheken auszubauen, erläuterte Prof. Claudia Lux, Generaldirektorin der ZLB. Doch Ideen und Programme könnten nur begrenzt umgesetzt werden, da es oft am Geld für die personelle Ausstattung fehle. Um trotz der finanziellen Beschränkungen die Zukunft der öffentlichen Bibliotheken zu sichern, fordern die Berliner Bibliothekare nun von der Politik, ein Bibliotheksgesetz auf den Weg zu bringen. Für die Einführung bundesweiter Bibliotheksgesetze hatte auch die Enquete-Kommission Ende vergangenen Jahres in ihren Handlungsempfehlungen plädiert. Damit sollten neben der gesetzlichen Verankerung der Aufgaben und Strukturen von Bibliotheken auch deren gesellschaftliche Bedeutung und Qualitätsstandards beschrieben werden, erläuterte in der Podiumsdiskussion Siegmund Ehrmann, der Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion in der Kommission. Zur Umsetzung der Empfehlungen brauche man jetzt Partner in den Landtagen. In Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern und NRW sind bereits Gesetzesentwürfe in der Diskussion. In Berlin, wo bisher alle Reformideen der Bibliotheken bei der Politik auf Eis liegen, setzt sich Brigitte Lange, die kulturpolitische Sprecherin der SPD im Abgeordnetenhaus für ein solches Gesetzgebungsverfahren ein. Das Land Berlin und die Bezirke hätten Planungssicherheit, man entscheide damit über die finanziellen Zuwendungen auf der Grundlage einer langfristigen Schwerpunktsetzung und nachprüfbarer Kriterien. Am Podiumstisch war man sich einig, dass bis zur Einführung des Gesetzes noch manches dicke Brett zu bohren ist.