Meinung

Aufbau statt Abbau

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Dem Aufbau Verlag stehen schwere Zeiten bevor. Nicht voreilig Remittenpakete schnüren, sondern nachbestellen - das rät Ruth Klinkenberg, Bücherstube Marga Schoeller (Berlin), ihren Kollegen aus dem Sortiment.
"Im Jahr 1991 war ich nicht nur als Buchhändlerin, sondern auch als kurz zuvor gewählte Vorsitzende des Landesverbandes Berlin-Brandenburg glücklich, als bekannt wurde, dass sich für den Aufbau-Verlag ein Käufer und damit eine Zukunft gefunden hatte. In dieser Zeit bemühte sich der Vorstand, Ost und West im Verband zusammenzubringen und so gut wie möglich bei der Existenzsicherung der privatisierten Unternehmen Hilfestellung zu leisten. Mit dem Aufbau-Verlag wurde nicht nur ein wichtiger Verlag, das publizistische Flaggschiff der DDR, mit bedeutenden Autoren erhalten. Erfreulich und erstaunlich war in der Folgezeit zu beobachten, wie sich der Verlag (mit Rütten & Loening und Gustav Kiepenheuer) entwickelte, wie er es trotz vieler Unkenrufe schaffte, ein großes Taschenbuchprogramm auf die Beine zu stellen, wie ein exquisites Kinderbuchprogramm begründet wurde und der Audio Verlag entstand, wie der Verlag insgesamt nicht nur zu einem der interessantesten, sondern vor allem auch zu einem der inzwischen nur noch sehr wenigen Unabhängigen von relevanter Größe wurde. Das persönliche Engagement von Bernd F. Lunkewitz war unübersehbar und einen Satz von ihm, dass er sich der Tradition Gustav Kiepenheuers verpflichtet fühle, las man nicht nur mit Vergnügen, er klang auch wie ein Versprechen. Damit soll es nun also vorbei sein. Die Nachricht, dass sich Herr Lunkewitz zurück gezogen hat und der Verlag deshalb Insolvenz anmelden musste, hat nicht nur bei mir Entsetzen ausgelöst. Es ist, nicht nur im Sinne der Mitarbeiter und Autoren, unbedingt zu hoffen, dass sich für die Aufbau Verlagsgruppe eine Möglichkeit zum Weiterbestehen ergibt. (Und wie man inzwischen von der Geschäftsführung hört, soll dieses Bemühen eine Chance haben.) Wir als Sortimente können – wenn wir nur wollen – insofern dazu beitragen, dass wir nicht voreilig Remittendenpakete schnüren und die Vertreter ausladen, sondern überlegen, ob es nicht an der Zeit ist, mal wieder Fontane oder Feuchtwanger, Vargas oder Daschkowa nachzubestellen. Und lässt sich nicht noch etwas für den großartigen Roman »Monsieur Lambert und die Ordnung der Welt« aus dem Frühjahrsprogramm machen? – Ganz abgesehen von dem angekündigten Herbstprogramm, auf das man sich als Buchhandlung nur freuen kann!"