Interview

»Flexibel mit elektronischen Daten umgehen«

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Beim Kongress der Deutschen Fachpresse in Wiesbaden gab es eine Premiere: Die Konferenz Fachbuch, die sich am 28. Mai mit allen virulenten Themen rund um das elektronische Publizieren – E-Books, Urheberrecht, Piraterie, Open Access – befasste. Organisator und Moderator Walter Welker im Gespräch mit boersenblatt.net. (Mehr zum Fachpresse-Kongress in der aktuellen Ausgabe des BÖRSENBLATTS 23 /2008).
Sie haben erstmals beim Fachpressekongress eine Fachbuch-Konferenz organisiert. Sind Sie mit der Resonanz zufrieden? Welker: Ja, unbedingt. Der Kongress ist das Jahrestreffen der gesamten Fachmedien-Branche, also aller Fachinformationsanbieter. Traditionell sind es die Börsenvereins-Verlage, die stärker im Fachbuch-Bereich agieren, und hierbei im Besonderen die Wissenschaftsverlage. Darauf war das Programm zum Beispiel mit Bibliotheksthemen abgestimmt – oder mit Piraterie-Beispielen, wie Samantha Novak von Wiley-VCH eindrucksvoll vorführte. Tun sich Fachbuchverleger schwerer mit dem Medienwandel als ihre Zeitschriftenkollegen? Welker: Nein, eigentlich nicht. Das Thema E-Books wurde bereits in den 90er Jahren vom Arbeitskreis Elektronisches Publizieren (AKEP) behandelt, aber die digitalisierte Form von Zeitschriften hat einfach schneller um sich gegriffen. Einen Zeitschriftenbeitrag kann man leichter in anderen Ausgabeformaten präsentieren als Buchinhalte. Aber der Medienwandel umfasst nicht nur die Verlage: Auch Nutzer und Handel müssen lernen, damit umzugehen. Wenn heutzutage schon Loseblattwerke elektronisch zur Verfügung stehen, dann muss der Prozess für eine Fortsetzungslieferung anders vonstatten gehen, als das bisher der Fall war. Und diese ganzen Umbrüche beziehen sich auf viele Abläufe in der Branche. Wird die Dimension der veränderten Produktion und Distribution von Inhalten – in erster Linie also E-Content – von den Verlagen erkannt? Welker: Künftig sollte sowieso jeder Verlag bei der Erstellung der Inhalte darauf achten, dass eine elektronische Form gewählt wird, die es erlaubt, anschließend möglichst flexibel mit den Daten umgehen zu können. Ronald Schild von der MVB brachte das schöne Beispiel, wie Buchverlage bei der Übernahme in libreka! feststellen mussten, dass zwar elektronische Daten von Büchern vorhanden sind, aber leider erst aufwendig aus Druck-PDFs rekonstruiert werden mussten. Wenn ein Verlag einmal ein solches Erlebnis hatte, dann wird er künftig gezielter mit der Vorbereitung seiner Publikationen umgehen. Schätzen Sie die Fachverlage als so flexibel und innovativ ein, dass sie auch mit dem Thema Open Access selbstbewusst umgehen können? Welker: Christoph Bruch vom Max-Planck-Institut hat auf der Konferenz beschrieben, wie sich die Wissenschaftler die Kommunikation mit Open Access vorstellen. Natürlich geht es dabei um die Möglichkeit des freien Publizierens und im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung auch um technische und wissenschaftliche Innovationen. Aber gleichzeitig wollen die Wissenschaftlicher auch eine gesicherte Publikation im Rahmen von Peer Review haben – und das geht nur mit einem gewissen Aufwand, den die Verlage betreiben, aber natürlich nicht kostenfrei anbieten können. Wim van der Stelt vom Springer Verlag gab darauf die Antwort, dass bei Springer derzeit 130.000 Artikel pro Jahr publiziert werden und davon rund 3.000 im Open Access. Er sieht das Ganze auch als Experiment, um zusammen mit der Wissenschaft zu ergründen, wie die Kommunikation künftig betrieben werden kann. Aber in der Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und wissenschaftlichen Gesellschaften hat die Verlagsbranche ja genügend Erfahrungen.