Moderne türkische Kinder- und Jugendliteratur

"Dranbleiben und nicht entmutigen lassen"

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Übersetzungen türkischer Kinder- und Jugendbücher sind auf dem deutschen Buchmarkt rar gesät. Woran liegt das? Vergangenen Freitag und Samstag hatten sich türkische Literaturwissenschaftler sowie Kinder- und Jugenbuchautoren in Köln getroffen, um in Vorträgen und Lesungen einen Einblick in die moderne Kinder- und Jugendliteratur der Türkei zu geben. Auch Vermarktungsmöglichkeiten auf dem deutschen Buchmarkt wurden umrissen.
Ziel der Tagung war es, das Interesse deutscher Verlage an türkischer Kinder- und Jugendliteratur zu wecken. Im Publikum saßen neben Repräsentanten von Stadtbibliotheken, Kulturämtern und Leseförderungsinitiativen Vertreter von Patmos, Carlsen, Fischer Schatzinsel der Hörcompany und Kölner Verlagen wie Lingen und Romiosini. Seit etwa 25 Jahren lässt sich in der modernen Kinder- und Jugendliteratur durchaus eine Entwicklung feststellen, die auch Migrationsprobleme, Kopftuchproblematik und andere sozialkritische Themen zum Gegenstand hat. "Jedoch gibt es noch viel zu wenige Bücher darüber", sagte zum Beispiel Selahattin Dilidüzgün von der Universität Istanbul. Fatih Erdogan, Verleger des Mavibulut Verlags, wies darauf hin, dass Lesen in der türkischen Gesellschaft nach wie vor noch nicht besonders gut angesehen sei. Ein Großteil der Kinder in der Türkei mache nach wie vor erst in der Schule Bekanntschaft mit Büchern. Zudem gebe es in vielen Büchern immer noch den "lehrreichen Zeigefinger". Kinderliteratur wurde lange Zeit als Teil der Bildung angesehen. In den vergangenen 20 Jahren sei jedoch eine Veränderung weg von Lehrbüchern, hin zu literarischen Büchern festzustellen, die die Vorstellungskraft der Kinder und Jugendlichen fördern, so Erdogan. Seit dieser Zeit sei jedoch auch die Zahl der Bücher gestiegen, die unterschwellig ideologische und religiöse Propaganda ausüben. So hat das türkische Ministerium eine Liste der 100 grundlegendsten Werke für Kinder und Jugendliche herausgegeben, in denen Vaterlandsliebe und nationale Ehre eine große Rolle spielen. Nach den Einblicken in die moderne Kinder- und Jugendliteratur in der Türkei, ging es am zweiten Tag auch um Vermarktungsmöglichkeiten auf dem deutschen Buchmarkt. Andrea Herzog (Hörcompany) berichtete von einer Verlegerreise nach Istanbul, bei der sie Bücher mit durchaus sehr guten Inhalten, jedoch schlechter Covergestaltung gesehen habe. "Broschüren und Klammerhefte verkaufen sich bei uns nicht", so Herzog ernüchternd. "Dranbleiben und nicht entmutigen lassen", sei wichtig, wenn es darum geht, türkische Kinder- und Jugendliteratur in Deutschland bekannter zu machen. Allerdings scheitere es oft schon daran, für Bücher unbekannter türkischer Autoren überhaupt Rezensionen zu bekommen, berichtete Stephan Trudewind vom Verlag Edition Orient. Hanife Icten von der Frankfurter Buchmesse kritisierte schließlich, dass es zwar vereinzelt Kontakte zu Verlagen in der Türkei gebe, jedoch eine Sammelschrift für interessierte deutsche Verlage fehlt, die einen Überblick über türkische Kinder- und Jugendbuchverlage gibt, wie sie für Deutschland etwa die AVJ herausgibt.