Buchhändlertage

Politik hält Tipps für den Buchhandel bereit

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
"Das Buch ist ein Kulturgut, das es zu fördern und zu schützen gilt. Aber es ist auch und gleichzeitig eine Ware in einem trotz aller Herausforderungen gut gehenden Markt", sagte Hans-Joachim Otto, Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, heute in seinem Eröffnungsvortrag der Buchhändlertage in Berlin. boersenblatt.net dokumentiert die Rede im Wortlaut.
"Ich freue mich sehr, heute vor Ihnen sprechen zu dürfen. Ich bin gebeten worden, 'Herausforderungen und Chancen des Buchmarktes aus der Sicht der Politik' zu skizzieren. Das übernehme ich mehr als gerne; als Kulturpolitiker und Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag habe ich das Glück, mich täglich mit Kultur beschäftigen zu dürfen - so wie sicherlich auch bei Ihnen Beruf und Berufung ganz dicht nebeneinander liegen. Wie verhält sich die Politik zum Buchmarkt? Nun, sie begreift das Buch zunächst als das Doppelwesen, das es ist: als wertvolles Kulturgut und als Wirtschaftsgut gleichzeitig. Insofern sind Sie als Buchhändler und Verleger immer Kulturvermittler und Geschäftsmann oder Geschäftsfrau; wenn Sie nur eines davon wären, könnten Sie Ihren Beruf vermutlich nicht lange ausüben. Dieses doppelte Wesen von Kulturgut und Ware führt auch dazu, daß die Politik sich auf sehr unterschiedliche Weise mit dem Buchmarkt beschäftigt: Weil das Buch wertvolles Kulturgut ist, fördert die Politik zum ersten den Buchmarkt aktiv und setzt zum zweiten Rahmenbedingungen für sein Funktionieren; und weil das Buch eine Ware ist, beobachtet sie zum dritten den Markt zwar aufmerksam, hütet sich aber tunlichst davor, einzugreifen. Politik fördert, setzt Rahmenbedingungen und beobachtet - dies sind die drei Schwerpunkte, über die ich heute sprechen möchte. Wenn man den Buchmarkt als Teil einer 'Wertschöpfungskette' betrachtet, die aus den Elementen 'Schöpferischer Akt', 'Produktion', 'Weiterverarbeitung', 'Vertrieb' und 'Konsument' besteht, können wir sehen, daß er bei jeder dieser Stationen von der Politik gefördert wird. Die Politik fördert zum ersten den schöpferischen Akt mit der Einrichtung von literarischen Studiengängen, mit der Finanzierung des Deutschen Literaturfonds und mit der Vergabe von Stipendien und Preisen an Schriftsteller und Schriftstellerinnen. Die Politik fördert zum zweiten die Produktion von Büchern durch Verlagsförderungen, spezielle Buchförderungen für Sachbuchverlage und durch die Buchpreisbindung (dieses Stichwort wird uns gleich noch mehrmals begegnen). Auch die Weiterverarbeitung der Bücher - also der Druck und die Zulieferung von Druckfilmen, Fotos etc. - wird von der Politik durch Druckkostenbeiträge und Druckkostenförderung unterstützt. Zum dritten wird der Vertrieb gefördert, erneut durch die Buchpreisbindung, aber auch durch den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Zuletzt unterstützen wir auch die Konsumenten - durch Leseförderung, Publikumsförderung, durch die vielen Literaturhäuser, Förderungsankäufe durch die öffentliche Hand und wiederum durch den ermäßigten Umsatzsteuer-Satz. Als vor einem halben Jahr der Wettbewerb um den schönsten ersten Satz ausgerufen wurde, haben sich 17.000 Menschen daran beteiligt. Auch diese Initiative wurde von der Politik mit gefördert. Es geht mir hier nicht darum, uns Politikern selbst auf die Schultern zu klopfen. Wir wissen durchaus, daß Teile dieser staatlichen Förderung nicht alle gleichermaßen beglücken. So war erst kürzlich wieder in der FAZ zu lesen, daß die großen Preise an die gingen, die sie nicht mehr bräuchten (so ähnlich hat das Friedrich Dürrenmatt schon vor über zwanzig Jahren gesagt) - und daß die zahlreichen kleinen Preise und Stipendien die Künstler zu braven „Haustieren“ zähmten und ihre Kunst ins Mittelmaß trieben. Dies im einzelnen zu beurteilen, bin ich nicht berufen; allerdings glaube ich im Umkehrschluß auch nicht daran, daß nur Armut, Verzweiflung und Hartz IV uns wahrhaft große Literatur verschaffen. Vielmehr glaube ich an die grundlegende Verpflichtung des Staates zur Finanzierung und Förderung von Kunst und Kultur - überall dort, wo Kulturwirtschaft und Zivilgesellschaft dies nicht selbst leisten können. Und dies gilt auch für das Kulturgut des Buches. Es gibt im Buchmarkt eine Reihe von speziellen Herausforderungen und Problemen, denen die Politik durch das Schaffen von Rahmenbedingungen begegnet. Die wichtigsten sind die Buchpreisbindung, der ermäßigte Umsatzsteuersatz, das Urheberrecht im Zeitalter der Digitalisierung und das Urhebervertragsrecht. 1. Buchpreisbindung Die Buchpreisbindung ist, wie Sie alle wissen, in Deutschland gesetzlich gesichert. Das entsprechende Gesetz ist 2002 erlassen und 2006 aktualisiert worden; das Thema ist in der Politik derzeit keines. Aber natürlich beobachten wir aufmerksam Entwicklungen und Debatten in Deutschland und anderswo: - Daß Österreichs Justiz die Preisbindung durch den Europäischen Gerichtshof überprüfen läßt, sehe ich mit Gelassenheit; ich persönlich glaube nicht, daß das in zwei Jahren zu erwartende Urteil die österreichische Preisbindung zu Fall bringen wird. Aber natürlich hat die Sache psychologische Auswirkungen - und damit kommen wir zum Fall der Buchpreisbindung in der Schweiz vor einem Jahr: - Hier hat sich ein Jahr später gezeigt, daß die Preise seitdem unterm Strich tatsächlich gestiegen sind. Dies bestätigt unsere Haltung zur Buchpreisbindung. Wir nehmen im übrigen anerkennend zur Kenntnis, daß Ihre Schweizer Kollegen sich aktiv für ein neues Preisbindungsgesetz einsetzen, und daß bei ihrem Symposium in Solothurn auch die Kollegen aus Deutschland teilgenommen haben. Vielleicht tragen sie mit diesen Aktivitäten auch letztlich dazu bei, daß bei der erneuten Beratung der Preisbindung durch die Schweizer Kommission für Wirtschaft und Abgaben im August eine positive Entscheidung gefällt werden wird. 2. Ermäßigter Umsatzsteuersatz Der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Bücher und Zeitschriften ist wie die Preisbindung ein wichtiges Instrument, mit dem die Politik die Rahmenbedingungen für die Kultur in Deutschland gestaltet. Gelegentliche Vorstöße aus dem Finanzministerium, den ermäßigten Umsatzsteuersatz abzuschaffen, werden regelmäßig und einstimmig von den Abgeordneten aller politischen Parteien zurückgewiesen. Also kann ich auch hier konstatieren: das Thema ist in der Politik kein strittiges. Genauso klar, wenn auch nicht in Ihrem Sinne, ist das Thema der Hörbücher EU-rechtlich geregelt: für nichtgedruckte Erzeugnisse gilt der volle Umsatzsteuersatz. Das sind zwingende gemeinschaftsrechtliche Regelungen, die wir in Deutschland nicht mit eigenen Gesetzen umgehen können. Zahlreiche Interessengruppen, allen voran die Vertreter der Tonindustrie, plädieren seit Jahren vergeblich dafür, auch für ihre Produkte den ermäßigten Umsatzsteuersatz zu vergeben. Dies macht die Sache nicht weniger heikel, weil eine Lockerung der bisherigen Regelungen in einem Bereich eine Lawine weiterer Ansprüche lostreten würde. Allerdings scheint Frankreich zu planen, bei der EU-Behörde einen allgemeinen niedrigen Umsatzsteuersatz für alle kulturellen Produkte beantragen. Das Thema könnte also wieder auf die Agenda gebracht werden, und hier sind Sie und Ihre Verbände gefragt, gemeinsam mit der Bundesregierung dieses Vorhaben durchzusetzen. 3. Urheberrecht in der Informationsgesellschaft Im Unterschied zur Buchpreisbindung und zum ermäßigten Umsatzsteuersatz ist das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft in der Politik durchaus ein streitiges Dauerthema. Die fortschreitende Digitalisierung muß zu einer Anpassung des Urheberrechts führen; entsprechende Gesetze sind in den letzten Jahren in zwei sogenannten „Körben“ vorangebracht worden; ein dritter „Korb“ ist in Vorbereitung. Die Musik- und Filmindustrie - und vor allem die individuellen Künstler als Urheber - haben in den letzten Jahren erhebliche Einnahmeeinbrüche nicht zuletzt durch illegales Downloading hinnehmen müssen und haben erst sehr spät angefangen, darauf zu reagieren. Derart gewarnt, ist der Buchmarkt gut beraten, das Thema zügig und auf breiter Basis anzugehen - was ja auch geschieht. - Die Volltextsuch-Plattform Libreka! die gerade im Aufbau begriffen ist und, wie ich höre, bereits 50.000 Titel eingestellt hat, scheint mir ein gutes Instrument zu sein, das Downloaden von Texten in legale Bahnen zu lenken - und auch eine gute Antwort auf die umstrittene „Google Book Search“, weil es hier darum geht, die Rechte der Verlage und Autoren zu schützen. - Wie reagiert die Politik auf den auch im Buchmarkt zunehmenden illegalen Download? Hier ist die Haltung der Politik eindeutig: Auch im Zeitalter der Digitalisierung und trotz der berechtigten Interessen von Verbrauchern und Internetnutzern ist das Urheberrecht ein schützenswertes Eigentumsrecht. Es muß kreative Leistungen wirksam schützen, nur dann kann sich die Schaffung und die Investition in solche Leistungen lohnen. Geistiges Eigentum muss deshalb genauso wirksam geschützt werden wie materielles Eigentum! In diesem Zusammenhang ist die sogenannte Olivennes-Vereinbarung, die der französische Präsident Sarkozy vor einem halbem Jahr der Öffentlichkeit vorgestellt hat, besonders interessant. Im Zusammenarbeit mit Internetbetreibern und Vertretern der Musik- und Filmindustrie wurde vereinbart, daß Internetbenutzer, die illegal downloaden, von ihrem Web-Provider abgestufte Warnmitteilungen erhalten. Damit erwartet man, dem Großteil der Rechtsverletzungen bereits Einhalt gebieten zu können. Am Ende dieser Kette von Warnungen würde allerdings die Sperrung des Internetzugangs für den betreffenden Downloader stehen und eine nationale Registrierung gesperrter Teilnehmer stattfinden. Im Gegenzug sollen sich die Urheber verpflichten, ihre Musikstücke und Filme schneller und vollständiger online verfügbar zu machen. - Es steht zu erwarten, daß Frankreich diese Frage mit der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft auch auf EU-Ebene angehen wird. Die Olivennes-Vereinbarung ist von vielen Rechteinhabern sehr positiv aufgenommen worden. Allerdings hat sich zu ihrer Enttäuschung seitdem nicht mehr viel getan. Auch gibt es einige technische und politische Einwände - o so gibt es noch keine Behörde, die das Abkommen durchsetzen könnte, o so ist offen, ob die Internetprovider, die die Filtertechnologien testen und je nach Realisierbarkeit in zwei Jahren implementieren sollen, dies wirklich auch tun werden o und so ist die nationale Registrierung gesperrter Teilnehmer ein klarer Verstoß gegen den Datenschutz. Aber es ist ein Anfang, den es positiv zu bewerten gilt. Unabhängig davon, wie die einzelnen Bestandteile der Vereinbarung zu bewerten sind. Die FDP hat immer wieder gefordert, das Thema der Pirateriebekämpfung auf die Agenda der Urheberrechtsdebatte zu setzen und die Access-Provider mit in die Verantwortung einzubinden. Wir sollten vor allem das Thema in Deutschland jetzt diskutieren und nicht abwarten, bis uns etwas aus Brüssel dazu vorgesetzt wird. Ohne das Datenschutzrecht aufzuweichen, müssen wir klären, wie wir Eigentumsrechtsverletzungen wirksam bekämpfen können. Die juristischen Behelfe sind aber nur die eine Seite der Medaille. Ebenso wichtig ist die Förderung des Respekts vor den kreativen Leistungen der Urheber und Künstler und die Schaffung eines Unrechtsbewußtseins. Illegale Downloads sind nicht anders zu beurteilen als der Diebstahl eines Buches im Laden. Dies juristisch und gesellschaftlich anzugehen, bleibt eine Daueraufgabe für alle Beteiligten. Neben der schwierigen Urheberrechtsfrage gibt es noch weitere Aspekte der Digitalisierung im Buchmarkt: - Auch wenn die Digitalisierung des Buchmarktes zunimmt, und im E-Book und beim Downloading von Texten vor allem im Sachbuch- und Wissenschaftsbereich die derzeit größten Wachstumspotentiale geortet werden, wird das Buch in der digitalisierten Welt seinen Platz behalten. Dies gilt natürlich vor allem für die Belletristik - aber auch im Bereich des Sachbuchs ist das Bedürfnis nach dem traditionellen Buch noch stark. Dies zeigt nicht zuletzt das Beispiel der Brockhaus Enzyklopädie: Wie Sie sicher alle wissen, sind nach der Ankündigung, die 21. Auflage werde die letzte sein, die Bestellzahlen so sprunghaft angestiegen, daß der Online-Start verschoben wurde und eine 22. Auflage in Aussicht gestellt wird. - Nichtsdestotrotz liegt es nun in der Verantwortung des Buchhandels, die vorhandenen Herausforderungen der Digitalisierung offensiv anzugehen. Der Online-Buchhandel wächst, und dies ist eine Realität, die es zu nutzen gilt. Die Buchhandlungen müssen sich in diese Entwicklung einklinken und das Internet als einen weiteren Vertriebsweg und eine zusätzliche Einnahmequelle anerkennen. Das heißt: tragfähige Geschäftsmodelle entwickeln, das Internet zur Kommunikation und zum Marketing nutzen, Aufmerksamkeit bei den Kunden wecken, eine persönliche Kundenbindung und individuelle Beratung auch auf digitalem Weg aufbauen, die Buchbestellung am Bildschirm erleichtern... alles das, was ja ohnehin zu Ihren Stärken zählt. § 52a Urheberrecht Ein letzter Punkt, den ich im Zusammenhang mit der Reform des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft ansprechen möchte, betrifft § 52a, der die Zugänglichmachung kleinerer Werke bzw. Werkteile in Unterricht und Forschung regelt. Der seinerzeit insbesondere von Bildungspolitikern erzwungene § 52a war letztendlich ein Kompromiß, der eben nicht nur die Bildungs- und Forschungseinrichtungen als Nutzer begünstigen sollte, sondern diesen in gleicher Weise Pflichten auferlegte, nämlich die der angemessenen Vergütung, sowie der Dokumentation über die erfolgte Nutzung. Der nun nach fünf Jahren von Justizministerin Zypries vorgelegte Evaluationsbericht enthält zu beiden Punkten kein verwertbares Material. Die Fragen "Wer nutzt was in welchem Umfang und welche Vergütung wurde jeweils dafür gezahlt" bleiben unbeantwortet. Deshalb ist aus meiner Sicht eine Aufhebung der Befristung zum jetzigen Zeitpunkt nicht geboten. Wenn ich höre, daß ausgerechnet die Fachhochschule des Bundes bislang noch überhaupt keine Vergütungen für 52a-Nutzungen gezahlt hat, erhärtet sich der Eindruck, daß dieser Paragraph aus rein finanzpolitischen Erwägungen und nicht im Sinne von Bildung und Wissenschaft eingeführt worden ist. 4. Urhebervertragsrecht Das vierte große Instrument der Politik, Rahmenbedingungen im Buchmarkt zu schaffen, ist das Urhebervertragsrecht, genauer gesagt das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“, das seit 2002 in Kraft ist. Allerdings hat die Politik damals Neuland betreten, und so ist es normal, daß sich die Praxis unterschiedlich entwickelt und manche offenen Fragen gerichtlich geklärt werden müssen - wie zum Beispiel das Problem der Übersetzerhonorare, das sechs Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes immer noch nicht gelöst ist und in der Verlagswirtschaft große Unruhe verursacht hat. Dies ist uns - zumindest uns Liberalen - durchaus gegenwärtig. Sollten die bisher angebotenen Modelle der Verlage weiterhin abgelehnt werden und die Sache vor dem Bundesgerichtshof entschieden werden, könnte dies zu einem Ergebnis kommen, das langfristig allen Beteiligten, einschließlich den Autoren und Übersetzern, schaden. Daher haben wir bereits vor drei Jahren die Bundesregierung aufgefordert, eine Evaluation vorzunehmen und zu klären, warum die Beteiligten sich offenbar nicht einigen können bzw. ob dies eventuell an Mängeln im Verfahren liegt. „In diesem Fall hätte das neue Urhebervertragsrecht sein Ziel verfehlt“ - das haben wir 2005 gesagt, und das gilt heute mehr denn je. Zum Urheberrecht gehört noch ein letzter Punkt, und hier sind wir wieder bei einem Thema, das für uns - zumindest für uns Liberale - keines ist: der sogenannte „Goethe-Groschen“. Dies ist ein Vorschlag zur Abgabe und Umverteilung, der mit dem Urheberrecht nichts zu tun hat, und den wir klar ablehnen. Das Buch ist ein Kulturgut, das es zu fördern und zu schützen gilt. Aber es ist auch und gleichzeitig eine Ware in einem trotz aller Herausforderungen gut gehenden Markt, das habe ich eingangs bereits ausgeführt. Insofern müssen wir Politiker uns hüten, in ein funktionierendes Gefüge einzugreifen. Es gibt Bereiche, die wir aufmerksam beobachten, aber in die wir nicht eingreifen werden, solange der Markt noch funktioniert - selbst wenn nicht alle Entwicklungen gleich erfreulich sind. Dazu gehört der zunehmende Konzentrationsprozeß im Buchmarkt - ein wichtiges und schwieriges Thema. Der wachsende Marktanteil der großen Buchhandelsketten und die immer besseren Konditionen, die die Ketten offenbar durchsetzen können, übersetzen sich nicht in bessere Leistungen für die Verlage, sondern schmälern ihren Gewinn und fördern den Verdrängungswettbewerb zu Lasten der kleineren und unabhängigen Buchhandlungen. So problematisch die zunehmende Konzentration des Buchhandels auch für viele von Ihnen ist - so wenig kann und darf die Politik hier durch Gesetze ausrichten. Einige von Ihnen befürchten offenbar, daß die Diskussion um eine Aushöhlung der Buchpreisbindung dazu führen könnte, wir Politiker könnten daraufhin kommen und die Preisbindung wieder „kassieren“. Andere scheinen darauf zu hoffen, daß der Staat eines Tages den unabhängigen Qualitätsbuchhandlungen per Steuererleichterung unter die Arme greifen könnte. Beide Visionen sind unrealistisch. Solange es keine Kartellbildungen gibt, ist die Konzentration des Marktes eine Entwicklung, die wir als Politiker nicht aufhalten können. Wir können nur möglichst günstige Rahmenbedingungen schaffen, und dies tun wir mit der Buchpreisbindung, dem ermäßigten Umsatzsteuersatz und mit kartellrechtlichen Vorgaben. Sie als Buchhändler und als aktive Marktteilnehmer sind nun gefordert, konkrete Lösungen für den Erhalt der unabhängigen Buchhandlungen zu finden und umzusetzen. Es ist daher wichtig, die zunehmende Konzentrationsentwicklung nicht nur zu verteufeln, sondern genau zu beobachten und sich inspirieren zu lassen von dem, was gut läuft und was man selbst besser machen könnte. Hier liegen eben nicht nur die Herausforderungen, sondern auch die Chancen des Buchmarktes, und die nutzen viele von Ihnen bereits: - So gibt es die Initiative der Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Buchhändler -, die sich zusammengeschlossen haben, um Sonderkonditionen bei den Verlagen zu nutzen. - So hat der Verleger Joachim Unseld bei der Jahrestagung der Deutschen Publikumsverlage die Verlage dazu aufgerufen, selbstkritisch zu überprüfen, inwieweit sie den Konzentrationsprozeß aktiv mit unterstützen und was sie verändern können. - So muß jede Buchhandlung überprüfen, o wo die eigenen Stärken liegen o welche Nischen sie besetzen kann o wie gut es mit der eigenen vielgepriesenen Kundenfreundlichkeit wirklich steht o an welchen Stellen Mittelmaß herrscht, das aufgegeben werden muß o wie sie das Internet positiv nutzen kann - So wird derzeit - wir nehmen das aufmerksam zur Kenntnis - die vielversprechende Idee einer Branchenmarketing-Kampagne diskutiert, die das Buch und den Buchhandel in den Mittelpunkt stellt. - Last but not least kümmern Sie sich um Ihren Nachwuchs. Ich stelle erfreut fest, daß Sie in diese Buchhändlertage ein Nachwuchsprogramm für Auszubildende eingebaut haben, denn dies gehört mit zur kulturellen Bildung, die mir als Kulturpolitiker besonders am Herzen liegt. Meine Damen und Herren, ich komme zum Ende. Sie haben viel davon gehört, wie die Politik den Buchmarkt beobachtet und fördert - doch die schönste Förderung des Buchmarktes ist die, die Sie selbst vorantreiben: die Absatzförderung. Für mich als Kulturpolitiker gibt es nicht Schöneres, als durch jedes verkaufte Buch zu wissen, das dies zugleich Kulturförderung ist. Vorausgesetzt natürlich, daß das Buch dann auch gelesen wird… Ich wünsche Ihnen anregende Diskussionen, gute Ergebnisse - und heute abend eine rauschende „Büchernacht“ im Radialsystem!"