Man unterscheidet die staatlichen Verlage in zwei Organisationsebenen: Zunächst gibt es die direkt einem Ministerium oder einer Regierungsinstitution angehörigen zentralen Verlage, die ihren Hauptsitz in Beijing haben.
Dazu gibt es regionale Verlage, die auf Provinzebene angesiedelt sind und ihren Sitz größtenteils in den Provinzhauptstädten haben. Jede Provinz besitzt in den verschiedenen Themenbereichen je einen thematisch ausgerichteten Verlag, der dann z.B. für Naturwissenschaft und Technik oder für Schulbücher zuständig ist.
Auf nationaler Ebene gibt es dementsprechend thematisch orientierte Verlage. Zusätzlich dazu gibt es die an Universitäten angegliederten Verlage, die häufig wissenschaftliche Werke verlegen.
Das Zentrum der Verlagsbranche ist Beijing, wo insgesamt 40 Prozent aller Verlage ihren Sitz haben. An zweiter Stelle folgt Shanghai mit 7 Prozent aller Verlage. Viele Titel von Provinzverlagen erscheinen wegen des fehlenden landesweiten Distributionsnetzes nur in der angestammten Provinz des Verlages.
Erfolgreiche Verlage sind nicht unbedingt nur nationale Verlage, denn es finden sich auch zahlreiche Provinzverlage unter den größten Verlagen in China. Die Marktsituation der Verlage hängt also weniger von der ehemaligen geografischen Ausbreitung ab, sondern von der Fähigkeit, marktorientierte Reformen durchzuführen und modernes Managementwissen zu implementieren.
Die größten Herausforderungen für die staatlichen Verlage werden von Experten in den Bereichen allgemeines Management, Marketing, Verkaufsförderung und Werbung gesehen. Die relative Schwäche des Marketings und Vertriebs wird auch durch die traditionell sehr starke Rolle des Lektorats bedingt. Zu Zeiten der Planwirtschaft war das Lektorat der wichtigste Prozess im Verlag. Marketing und Vertrieb mussten in der Planwirtschaft kaum beachtet werden bzw. existierten gar nicht. Außerdem war die vom Staat vorgegebene Erlösstruktur anders als heute: Fast 60 Prozent des Verkaufspreises waren für Druck und Material vorgesehen, ungefähr 30 Prozent für den Buchhandel und die restlichen 10 Prozent verblieben beim Verlag, der damit die Kosten für das Lektorat deckte. Der Aufbau der anderen Abteilungen findet in vielen Verlagen momentan erst statt.
Zudem existiert in China ein anderes verlegerisches Selbstbild: Verleger gestalten durch ihre Arbeit die gesellschaftlichen Prozesse mit und besitzen daher hohe gesellschaftliche Verantwortung. Die Profitorientierung ist in dem traditionellen Modell eher zweitrangig.
In den erfolgreichen Verlagen arbeiten jedoch zunehmend gut ausgebildete, junge Mitarbeiter, die eine Vorstellung von Begriffen wie Marketing oder Management haben und stark an persönlichem Erfolg und damit am ökonomischen Erfolg des Verlages interessiert sind. Diese guten Mitarbeiter haben ihren Preis. So bezahlt z.B. die Foreign Language Teaching and Research Press (FLTRP) weitaus besser als die meisten anderen staatlichen Verlage.
Neben den offiziellen staatlichen Verlagen gibt es sogenannte Kulturagenturen. Dies sind quasi-private Verlage, die Bücher konzipieren, editieren und meistens über private Distributionskanäle vermarkten. Sie müssen jedoch mit staatlichen Verlagen als sogenannte Packaging Agencies oder als Abteilungen eines staatlichen Verlags zusammenarbeiten und von ihnen ISB-Nummern abkaufen.
Für die staatlichen Verlage stellt diese Praxis eine zusätzliche Einnahmequelle dar und der Staat sieht momentan größtenteils über diese Praxis hinweg. Wie groß der Marktanteil der privaten Verlage ist, ist noch unklar. Ein großer Teil der Bestseller der letzten Jahre stammt von privaten Verlagen, die dadurch angesehene Marken aufbauen können.
Die privaten Verlage zeigen sich auf dem Buchmarkt sehr erfolgreich, da sie flexibler, schneller und marktorientierter handeln können und müssen. Sie denken häufig wirtschaftlicher und sind offener für neue Ideen und Konzepte. Die Mitarbeiterfluktuation verläuft von den staatlichen zu den privaten Verlagen, so arbeiten viele ehemalige Mitarbeiter von Staatsverlagen mittlerweile bei Kulturfirmen oder gründen eigene Kulturfirmen.
Der Wettbewerb und Transformationsprozess wird durch die Existenz der Kulturagenturen forciert, wodurch der gesamte chinesische Buchmarkt profitiert. Allerdings gibt es unter den Kulturagenturen auch unseriöse Firmen, so dass deutsche Lizenzgeber im Einzelfall private Verlage überprüfen müssen.
Für deutsche Lizenzgeber stellen die privaten Verlage immer häufiger Partner dar, es werden direkt Lizenzverträge geschlossen. Besonders die Professionalität wird von Experten gelobt. Allerdings bestehen nach wie vor juristische Probleme. Noch ist ungeklärt, wer die Rechte an den Werken besitzt oder wie im Streitfall mit den offiziell nicht anerkannten privaten Verlagen umzugehen ist.
Die chinesische Regierung ändert ihr Verhalten gegenüber den privaten Verlagen immer wieder. Mal sind sie geduldet, mal halboffiziell erwünscht, dann wieder stärker beschränkt. Für den Trannsformationsprozess der Verlagsbranche sind sie unverzichtbar, gleichzeitig stellen sie für die Kontrolle des Publikationssektors eine Gefahr dar.
Die Zukunft der privaten Verlage hängt letztlich vom Willen der Pekinger Führung und ihren Umgang mit den Medien ab. Die KPCh hat in der Vergangenheit ihren Herrschaftsanspruch kräftig untermauert, gerade im Zuge der Informationspolitik zu den Olympischen Spielen und den Ereignissen in Tibet. Die Entwicklung bleibt also weiterhin in alle Richtungen offen.
Dennoch sind sich die meisten Experten sicher: die Zukunft gehört den privaten Verlagen.