Schweiz

"Wende in letzter Minute"

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Dieter Wallenfels, Preisbindungstreuhänder der Verlage, über den langen Weg zum Preisbindungsgesetz in der Schweiz.
War gestern ein guter Tag für die Preisbindungstreuhänder der deutschen Verlage? Wallenfels: Natürlich sind wir ausgesprochen glücklich über die Entscheidung der Wirtschaftskommission, in die Beratungen zum Preisbindungsgesetz einzusteigen – zumal selbst die Schweizer Branchenkollegen die Hoffnung auf eine gesetzliche Lösung fast schon aufgegeben hatten. Man kann die drei Buchverbände dort nur beglückwünschen: Ihnen ist es gelungen, die Stimmung in letzter Minute zu drehen, nicht zuletzt durch das große Symposion Anfang Mai in Solothurn, das der Politik offenbar die richtigen Signale gesendet hat. Wie das Gesetz am Ende aussehen wird, ist heute trotzdem schwer voraussehbar. Drei Landesteile mit sehr unterschiedlichen Märkten müssen unter einen Hut gebracht werden. Da sind schon noch ein paar Steine aus dem Weg zu räumen. Hat die preisbindungsfreie Zone in der Schweiz Risiken für die deutsche Buchbranche mit sich gebracht? Wallenfels: Nein, Reimporte unter Preis hätten wir rechtlich jederzeit verhindern können, weil die Schweiz nicht zum Europäischen Wirtschaftsraum gehört. Aber natürlich hatten wir Sorge, dass die Situation in der Schweiz den Gedanken der Preisbindung an sich beschädigt. Für uns ist die Entscheidung der Wirtschaftskommission vor allem psychologisch wichtig: Denn die politischen Kräfte in der Schweiz teilen damit die Meinung, dass die Preisbindung für den Erhalt der Buchkultur wichtig ist. Lässt sich ein liberalisierter Markt so ohne weiteres wieder regulieren? Wallenfels: In der Schweiz hat es seit dem Fall der Preisbindung im Mai 2007 keine großen Umwälzungen gegeben. Die Händler haben sich in Preisdisziplin geübt von wenigen Ausnahmen wie Ex Libris abgesehen. Dass Thalia in der Schweiz keine offensive Rabattpolitik betrieben hat, muss man dem Filialisten hoch anrechnen. Denn das hat den Markt stabilisiert, einen Preiskampf verhindert. Sonst würde der Buchmarkt in der Schweiz heute vielleicht anders aussehen. Worauf müssen sich die deutschen Verlage jetzt einstellen? Wallenfels: Durch unsere engen Kontakte zum Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband werden wir unsere Erfahrungen und Ratschläge auf der inoffiziellen Ebene weitergeben. Fest steht, dass bei der Ausgestaltung des Preisbindungsgesetzes auch unterschiedliche Interessen diesseits und jenseits der Grenzen austariert werden müssen: Die Schweizer Händler wollen an einer Preisüberhöhung gegenüber dem Euro festhalten. Die deutschen Verlage sind dagegen eher an einem Niveau interessiert, das nicht so stark von den Euro-Preisen abweicht. Wir rechnen damit, dass das künftige Gesetz Regelungen für höchst zulässige Preisüberhöhungen gegenüber Nachbarländern festlegen wird - und zwar auf der Basis des Euro-Referenzkurses und des Verkaufspreises in den Herkunftsländern der Bücher.