Befürworter einer Preisbindung für E-Books motiviert das Geschäftsmodell, welches Amazon im Zusammenhang mit der Vermarktung des Kindle zurzeit im US-Markt einführt. Ziel ist es, allen über die eigene Plattform angebotenen E-Books einen einheitlichen Verkaufspreis von 9,99 Dollar zu geben. Vermutlich sollen die Verlage mit einheitlichen »Royalties« abgespeist werden. So unsympathisch dieses Modell Verlegern sein muss, so wenig spricht dafür, daraus die Notwendigkeit einer Preisbindung für E-Books abzuleiten.
Und zwar aus vier Gründen:
1. E-Books sind nicht standardisiert eine Preisbindung wäre nicht durchsetzbar.
Unter dem Begriff E-Book werden unterschiedliche Formate und Vertriebswege zusammengefasst. Der Begriff umfasst proprietäre Technologien und Vertriebswege genauso wie Lehrbuchsammlungen, die auf Verlagsservern für Bibliotheken zur Nutzung lizenziert werden. Es handelt sich um viele unterschiedliche Geschäftsmodelle und Vertriebswege, die alle noch keine breite Anwendung und Marktroutine gefunden haben. All diese Angebotsformen unter eine Preisbindung zu pressen, würde die Weiterentwicklung der Geschäftsmodelle behindern. Das ist nicht im Interesse unserer Branche.
2. Die Preisbindung für Bücher hat einen eindeutigen Auftrag, und das ist nicht die Ausschaltung von Wettbewerb.
Bei der Buchpreisbindung geht es um die Sicherstellung eines möglichst breiten und diversifizierten Netzes von Buchverkaufsstellen. Diese Absicht wird man einer Preisbindung für E-Books nicht unterstellen können: Ein über das Internet vertriebenes E-Book unterliegt eben nicht der Beschränkung einer spezifischen logistischen Dienstleistung, sondern ist überall und rund um die Uhr verfügbar. Die Initiative für eine Preisbindung will in Wahrheit die Marktmacht eines Branchenteilnehmers beschränken. Damit würde ein solches Gesetz zu einer »Lex Amazon«. Sollte der Börsenverein sich dafür starkmachen, liefe er Gefahr, die eigentliche Buchpreisbindung zu torpedieren. Das ist nicht im Interesse unserer Branche.
3. Wir sollten unsere Lobbyarbeit auf wirklich relevante Themen konzentrieren.
Es gibt noch immer genug zu tun, vor allem beim Urheberrecht und anderen Themen. Wenn wir jetzt mit dem Gesetzgeber ein neues Spiel eröffnen, riskieren wir unsere Glaubwürdigkeit. Es könnte der Eindruck einer Branche entstehen, die immerzu nach Schutz durch den Gesetzgeber ruft. Das ist nicht im Interesse unserer Branche.
4. Wir brauchen den Wettbewerb der Geschäftsmodelle.
Der Markt für E-Books ist unübersichtlich und befindet sich in der Entwicklung. Noch wissen wir nicht, welche Innovationen welches Kundenbedürfnis am besten befriedigen werden, und es ist ordnungspolitisch bedenklich, den Wettbewerb zu unterbinden, kaum dass sich ein Geschäftsmodell als erstes wirklich durchzusetzen scheint. Kein Verlag ist gezwungen, seine Titel Amazon zur Vermarktung zu überlassen. Wir Verleger sollten uns als souveräne Unternehmer präsentieren, die selbst innovative Geschäftsmodelle für das Internet entwickeln. Der Börsenverein unterstützt seine Mitglieder dabei zum Beispiel durch die Entwicklung von libreka!. Das ist im Interesse unserer Branche.
Halten Sie eine Preisbindung für E-Books für sinnvoll? Oder wäre dies eine Wettbewerbsbremse?