Meinung

Preisbindung sichert den Wettbewerb

24. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
E-Books: Warum auch digitale Bücher feste Preise haben müssen. Von Thomas Carl Schwoerer.
Während der letzten Wochen gab es eine in ihrem Umfang präzedenzlose Berichterstattung über Lesegeräte für E-Books; die Anbieter freuen sich sicher über die kostenlose PR. In der Tat ist es sehr wahrscheinlich, dass diese Geräte den Markt erweitern, wie in den USA bereits geschehen. Wir werden derzeit von mehreren Anbietern angesprochen. Unsere wichtigste strategische Prämisse lautet dabei, dass Qualität ihren Preis hat. Wir müssen für unsere Bücher hinreichend hohe Ladenpreise erzielen, die ihre Qualität widerspiegeln. Sollte uns das eines Tages bei den E-Books nicht mehr gelingen, wird es negative Rückwirkungen auf unsere Print-Ladenpreise und damit auf unsere Kalkulationen haben. Die Verlage müssen also weiterhin souverän ihre Ladenpreise festlegen können, und das geht nur mit der Preisbindung für E-Books. Das gilt auch für die Wissenschaftsverlage sowie für das flächendeckende Netz von Buchhandlungen: Ohne die Preisbindung für E-Books wird dieses kaum aufrechtzuerhalten sein, denn erstens wird auch der Buchhandel generell gesunkene Ladenpreise nicht betriebswirtschaftlich darstellen können, und zweitens wird er nicht konkurrenzfähig im Preis für E-Books sein. Die Preisbindung für elektronische Bücher sichert entgegen Martin Spenckers Darstellung den Wettbewerb, statt ihn zu unterbinden. Wer für die Preisbindung für gedruckte Bücher ist, sollte dafür eintreten, dass Verlage auch die Preise ihrer E-Books binden. Darauf zu verzichten, könnte auch fatale Auswirkungen auf die Preisbindung insgesamt haben: Denn wie ließe sich auf Dauer der feste Ladenpreis politisch begründen, wenn er gleichzeitig durch die Freigabe bei elektronischen Büchern konterkariert würde? Empfohlene Verkaufspreise für E-Books könnten in der Konsequenz einen gnadenlosen Preiswettkampf gerade unter größeren Anbietern zur Folge haben, der die Chancen des Sortiments, gedruckte Bücher flächendeckend zu vertreiben, entscheidend schmälern könnte. Dies hieße aber: Wer den Ladenpreis für digitale Bücher freigibt, setzt die kulturpolitische Funktion der Preisbindung aufs Spiel. Wie bei jeder Regel, gibt es auch für die Preisbindung von E-Books sinnvolle Ausnahmen: So könnte man etwa differenzierte Preismodelle für digitale Lehrbuchsammlungen entwickeln, die auf Verlagsservern für Biblio­theken zur Nutzung bereitgestellt werden – wie Martin Spencker dies vorgeschlagen hat. Aber auch Abonnements- oder Pauschalverträge für den Download von E-Books oder von einzelnen Kapiteln, wie Preisbindungstreuhänder Christian Russ sie sich vorstellen kann, wären eine Möglichkeit, auf Kunden­bedürfnisse flexibler zu reagieren. Es geht also nicht um einen Vorstoß beim Gesetzgeber und diesbezügliche Lobbyarbeit, sondern um einen Konsens innerhalb der Branche, in welchen Fällen Verlage ihre Preise binden – und in welchen nicht. Die Verlage wären gut beraten, schleunigst diesen Konsens herbeizuführen, angefangen mit einer Beratung des Verleger-Ausschusses zur Buchmesse. Ist die Preisbindung für E-Books unerlässlich? Oder sind auch andere Modelle denkbar?