Meinung

Was macht eigentlich der ABOEV?

16. September 2008
Redaktion Börsenblatt
Einen Unternehmensverband zu gründen, der nicht wahrnehmbar tätig wird, ist nicht die feine Art. Ein Kommentar.
Der britische Antiquariatsverband stellt Newsletter und Sitzungsprotokolle für jeden zugänglich ins Netz (www.aba.org.uk/bulletin/AGMminutes2008.pdf), der deutsche Antiquariatsverband veröffentlicht neben Pressemitteilungen alle zwei Jahre ein Handbuch und aktualisiert seine Website regelmäßig; jedermann kann sehen, welche Aktivitäten es gibt und wer dem Verband angehört. Ähnlich halten es, aus naheliegenden Gründen, andere buchhändlerische Vereine und Interessenvertretungen. Nur der bereits im Frühjahr 2007 gegründete ABOEV (für "Unternehmensverband Antiquarischer Buchhandel Online e. V.") hält sich auffällig zurück. Die auf der Website veröffentlichte Satzung verspricht zwar vollmundig, der ABOEV bezwecke unter anderem die "Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder in wirtschaftlichen und strukturellen Fragen gegenüber der Öffentlichkeit (z.B. Politik, Verwaltung, Verbänden, Presse, Interessengruppen, usw.)". Der Öffentlichkeit solle, heißt es weiter, "die Tätigkeit, Notwendigkeit und Leistung von antiquarischen Buchhandelsunternehmen verständlich" gemacht werden, und zwar "durch Berichte, Presseinformationen, Betriebsbesichtigungen, Gemeinschaftswerbung und ähnliche Marketingmaßnahmen, Messen und Informationsveranstaltungen." Geschehen ist auf diesen Gebieten nichts, eine Öffentlichkeitsarbeit, die diesen Namen verdiente, findet nicht statt. Wolfgang Höfs, der besonnene und umgängliche ABOEV-Vorsitzende, hat im Februar in einem boersenblatt.net-Interview die Bildung "plattformbezogener Arbeitsgruppen" angekündigt, "in denen die Stärken und Schwächen der einzelnen Plattformen diskutiert und für bestehende Probleme Lösungsansätze erarbeitet werden". Die Ergebnisse sollten quartalsweise auf der ABOEV-Website veröffentlicht werden. Auch das ist bislang offenbar unterblieben. Nicht einmal zum gestrigen Jahrestreffen der Initiative Antiquariatsrecht in Tutzing erschien ein Angehöriger des ABOEV-Vorstands oder wenigstens ein delegiertes Mitglied, obwohl die Anliegen der Initiative für den ABOEV Kernthemen sein müssten. Weitere Fragen bleiben unbeantwortet. Wie viele Mitglieder hat der neue Verband? Es sollen etwa 60 bis 80 sein, aber eine Bestätigung hierfür gibt es nicht. Stimmen die Gerüchte, der ABOEV sei vor anderthalb Jahren nicht zuletzt mit der Intention gegründet worden, der durch ihre Rechtsform beschränkten Genossenschaft der Internet-Antiquare (GIAQ) einen 'politischen Arm' hinzuzufügen? Müsste so etwas nicht gegebenenfalls Kooperationspartnern kommuniziert werden, um glaubwürdig zu bleiben? Man könnte das alles auf sich beruhen lassen oder angeben, man habe nichts anderes erwartet, trüge die durch die ABOEV-Gründung forcierte Zersplitterung der Interessenvertretungslandschaft nicht fatal zur dauernden Selbstmarginalisierung des Antiquariats- und Gebrauchtbuchhandels bei – in einer Zeit, in der es wahrlich genügend drängende Probleme und Aufgaben gibt, die möglichst effizient und für den Einzelnen hilfreich bearbeitet werden müssten. Björn Biester