Antiquariatsmessen

Bericht von der 4. Frankfurter Antiquariatsmesse

20. Oktober 2008
Redaktion Börsenblatt
Mit einem guten und soliden Ergebnis endete gestern am späten Nachmittag die 4. Frankfurter Antiquariatsmesse in der Buchmesse.
Ganz am Schluss äußerte sich Detlef Thursch (abooks.de, Düsseldorf), der die seit 2005 bestehende Frankfurter Antiquariatsmesse in der Frankfurter Buchmesse organisiert, zufrieden über den Verlauf der Veranstaltung: "Die Mehrheit der über 80 Aussteller berichtet von guten Verkäufen und Kundenkontakten, und auch am Wochenende zog die Antiquariatsmesse wieder ein interessiertes allgemeines Publikum an." Bereits der Anfang der 4. Frankfurter Antiquariatsmesse stand unter einem günstigen Stern. Das zeigte sich am Mittwoch noch vor der eigentlichen Eröffnung um 13 Uhr, hatte es doch die seit 2005 bestehende Antiquariatsabteilung der größten Buchmesse der Welt mit einem schönen Vorbericht in die erste Ausgabe der von Felicitas von Lovenberg verantworteten "Zeitung zur Buchmesse" der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschafft (Andrea Hünninger: "Die fehlende Strophe. Auftakt nach Versmaß: Ein Heine-Manuskript auf der Antiquariatsmesse"). Der Anbieter dieser Arbeitsfassung von drei Versen (einer davon unveröffentlicht) aus Heinrich Heines "Deutschland, ein Wintermärchen", David Lowenherz, Lion Heart Autographs (New York), konnte inzwischen die erfolgreiche Vermittlung an eine renommierte deutsche Institution melden (Verkaufspreis: 30.000 Euro). Lowenherz, der auch sonst gut verkaufte, nutzte die Frankfurter Messe außerdem zur Pflege seiner zahlreichen europäischen Kontakte, so seien etwa Kunden aus München oder Paris gekommen, um ihn in Frankfurt am Stand zu besuchen, für ihn ein großer Vorzug der verkehrsgünstigen Lage der Stadt. Die Eröffnungsrede der Antiquariatsmesse hielt in diesem Jahr Jürgen Horbach, Verleger in Köln und ehrenamtlicher Schatzmeister des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, vor einem zahlreich erschienenen Publikum. Horbach forderte die Antiquare dazu auf, selbstbewusster zu werden und ihr Licht nicht länger unter den Scheffel zu stellen: Sammeln und Bewahren wertvollen gedruckten Materials seien wesentliche kulturelle Leistungen dieses Branchenzweigs, die dieses Selbstbewusstsein begründeten. Der Antiquariatsbuchhandel könne außerdem wegen seiner seit mehr als einem Jahrzehnt intensiven – wenn auch natürlich nicht immer konfliktfreien – Auseinandersetzung mit der Dynamik des Online-Handels ein Vorbild für die anderen Buchhandelssparten sein, die mit dem Thema Digitalisierung in diesem Jahr besonders intensiv konfrontiert seien. Horbach sieht die Zukunft eines selbstbewussten Antiquariatsbuchhandels optimistisch und hofft auf eine weiterhin positive Entwicklung der Frankfurter Antiquariatsmesse; es gehe um die Präsentation von Originalen und deren Erhaltung. Niemand werde dagegen, so Horbach, in 150 Jahren eine Messe für antiquarische E-Books veranstalten wollen. Von der im Vorfeld befürchteten Eintrübung des Geschäftsklimas als Folge der weltweiten Finanzkrise war auf der Frankfurter Antiquariatsmesse (noch?) wenig zu spüren, jedenfalls spielte das Thema nur Rand eine Rolle in den Ausstellerresümees. Das Auktionshaus Reiss & Sohn (Königstein im Taunus) verkaufte gleich zu Beginn mehrere wertvolle Stücke, darunter aus dem Katalog eine illustrierte Ausgabe von Goethes "Faust" in französischer Übersetzung von Albert Stapfer von 1828 (28.000 Euro), eine seltene Galilei-Publikation von 1636 (6.500 Euro) und J. F. Leopolds Kupferstichfolge "Animalium, florum, fructuum et insectorum …" von 1714 (16.500 Euro). Aussteller wie Dietrich Schaper (Hamburg), Hans Lindner (Mainburg), Biggio (Turin), Stefan Wulf (Berlin), Franz Siegle (Mühlhausen) und Wolfgang Braecklein (Berlin) meldeten gute oder sehr gute Umsätze. Auch der für eine funktionierende und attraktive Antiquariatsmesse so wichtige Einkauf von Kollegen bei Kollegen florierte. Und beim Heinrich Heine Antiquariat (Düsseldorf), das mit einer umfangreichen Sammlung bibliophiler Drucke in signierten Meistereinbänden vom Rhein an den Main gereist war, klafften am Sonntag regelrecht Lücken in den Regalen. Mehrfach hörte man von verschiedenen Seiten, dass das Angebot in Frankfurt in diesem Jahr besonders hochwertig und interessant gewesen sei. Nicht verschwiegen soll jedoch, dass einige Frankfurter Aussteller trotzdem nicht zufrieden mit ihren Verkäufen waren, wobei es schwer ist, hier zu exakten Befunden zu kommen. Liegt es an der Ware? Den fehlenden 'richtigen' Besuchern? Den Preisen? Der allgemeinen wirtschaftlichen Lage? Die Redaktion freut sich über Anmerkungen hierzu von Ausstellerseite! Außerordentlich zufrieden mit seiner Erstteilnahme an der Frankfurter Antiquariatsmesse zeigte sich dagegen Norbert Knöll (Lüneburg), der mit seinem Angebot hauptsächlich deutscher Literatur des 20. Jahrhunderts in Erstausgaben bereits im Vorfeld auf sehr reges Interesse stieß. Knöll konnte beispielsweise zwei vom Autor signierte W. G. Sebald-Ausgaben aus Eichborns "Anderer Bibliothek" an einen nordamerikanischen Handelskollegen. abgeben. Ebenfalls eine positive Bilanz seiner Frankfurt-Premiere zog der auf die Kunst des 20. Jahrhunderts spezialisierte Stefan Schülke (Köln), der die Messe unter anderem auch zum Einkauf für sich selbst nutzte. Vom 14. bis 18. Oktober 2009 tritt China als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse auf; angesichts der seit einiger Zeit zu beobachtenden Kontaktaufnahme chinesischer Antiquare zum internationalen Antiquariatsmarkt (und umgekehrt) wiederum eine attraktive Perspektive für die 5. Frankfurter Antiquariatsmesse. Ein ausführlicher Messenachbericht erscheint im nächsten Heft der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat".