"Stationäre Antiquariate sind alles andere als anachronistisch. Sie sind aktuell und notwendig wie nie zuvor. Zu Beginn des Internet-Hypes vor circa 8 bis 10 Jahren haben viele Antiquare ihre Läden geschlossen, weil der Internethandel große Zukunft versprach und im Unterhalt ungleich billiger war als ein Ladengeschäft.
Bis heute hat sich aber einiges radikal verändert. Erstens hat der Internethandel mit gebrauchten und antiquarischen Büchern für den einzelnen Anbieter stark nachgelassen, nur noch ein Bruchteil der Beteiligten kann davon leben, und zweitens sind derart viele Läden in diesem Zeitraum verschwunden, dass ich nun allmählich wieder die Notwendigkeit einer Umkehr sehe.
Ich selbst betreibe mein begehbares Antiquariat nach wie vor mit Lust und bemerke immer mehr Neugier am anfassbaren Buch. Der Neugier folgt oft auch der Umsatz. Darunter sind Menschen, die als Antiquariat bisher ZVAB, Abebooks oder Amazon definierten, also in der Regel jüngere Besucher, so bis 45. Eine andere Gruppe ist die von Sammlern, die zwar immer schon in die Läden gelaufen sind, diese aber dann nur noch spärlich besuchten und sich aus Bequemlichkeit und der vorgefundenen höheren Vielfalt mehr dem Internet zugewandt haben. Die stehen mittlerweile reichlich frustriert über schlechte Qualität, schlechten Service und Unprofessionalität durch das Internet wieder im Antiquariat vor den Bücherregalen und streicheln Lederrücken, die nicht ausgefranst, berieben, lose oder ohne Kapitale sind. Oder gute Taschenbücher ohne Rücken-Längsknick, gelöste Laminierung, Eselsohren am Umschlag oder fliegende Blätter. Eine weitere Gruppe sind die Buchfreunde, die die Antiquariate nie verlassen haben, sich immer auf die Kompetenz und Erfahrung des Betreibers verlassen haben. Für diese Gruppe wird oft gezielt eingekauft, der kann man auch neue Sammelgebiete schmackhaft machen.
Ich sehe für den stationären und vor allem individuell geprägten Handel eine gute Zukunft. Gerade die Persönlichkeit des Antiquars kann da einiges bewirken. Die wird nämlich durch das Internet nicht gerade herausgestrichen. Mieten sind derzeit in vielen Kommunen zumindest in den B-Lagen in den letzten drei Jahren stark gesunken, viele Läden stehen leer.
Natürlich kann das Angebot nicht mehr so beliebig sein wie früher. Da ist schon ein gewisser Gegenpol zum Internet gefragt. Nämlich Qualität. Sowohl was Inhalte als auch was Zustände angeht. Das wiederum erfordert eine gewisse berufliche Qualifikation und Erfahrung. Das wird natürlich in Zukunft nicht zu einer Überschwemmung von stationären Antiquariaten führen. Aber ein paar mehr werden es schon werden. Bis es soweit ist, werden allerdings noch viele andere zumachen. Sofern sie nicht ihr Sortiment umstellen."