Ich erinnere mich, in einem Ratgeber für künftige Unternehmer (wenn auch vor langer Zeit) gelesen zu haben, dass nach einer Umfrage die bei weitem stärkste Motivation zur Ergreifung dieses unbequemen wie riskanten 'Berufs Unternehmer' die Chance war, sich persönliche Freiheit zu erringen; und keineswegs die, etwa Geld scheffeln zu wollen. (Wenn jemand gar meinte, im Buchhandel reich werden zu können, der wäre gleich so dumm, dass er selbst zu einem armen Buchhändler nicht taugte.)
Nein, die Liebe zu dem, was man handelt, muss schon da sein, ohne gleich so groß zu wachsen, dass man seine Ware nicht mehr loswerden wollen kann. Aber diese Schattierung von Freiheit, als einer bewussten Mindest-Unabhängigkeit eben davon, woran man sich anderseits gebunden fühlt und gebunden hat, das ist vielleicht derselben Wurzel entsprungen, die uns zur beruflichen Freiheit streben lässt: kein 'abhängig Beschäftigter' zu sein; am Ende auch, zugegeben, nach einer wirtschaftlichen Freiheit zu streben, die uns als (vermeintlich) verdienter Lohn der Unternehmer-Mühe winken sollte (mindestens kann uns die Hoffnung darauf zum Weiterkrebsen ermutigen).
Wirtschaftliche Freiheit kann insofern nur Funktion und Folge unserer persönlichen Freiheit sein, nicht etwa umgekehrt, nach Geld zu streben, um frei zu sein, und dann nicht mehr zu wissen, wie das geht.
Die Freiheit ist ein kardinaler Wert und steht in besonderem Verhältnis zur Sicherheit. Diese wurde oft vernachlässigt, wenn zum Beispiel eine feste Stelle aufgegeben wurde, um freier Unternehmer zu werden. Dennoch wird die Sicherheit doch immer angestrebt, als erhoffte Folge unternehmerischen Erfolgs in Folge freier Entscheidungen.
Das Risiko, sich vielleicht an einen beruflichen Partner (Kompagnon) zu binden, um 'es' zu schaffen; sich um der Selbständigkeit willen zu verschulden, Räume zu mieten, vielleicht gar Mitarbeiter einzustellen, Fixkosten jeder Art in Kauf zu nehmen und manchen teuren, lagerplatzfüllenden oder arbeitsintensiven Ankauf. Warum gehen wir es ein? Weil dies ein Weg sein könnte, uns irgendwann freizuschwimmen, allein zu entscheiden, vielleicht im freien Eigentum zu leben und zu arbeiten und am Lebensabend hoffentlich Sicherheit zu haben vor Konkurrenzdruck, Preisverfall und Not.
Vor diesem Hintergrund müssen wir uns rühren, wenn was nicht klappt, wenn Internet-Plattformen (unfreiwillig) streiken und uns notfalls auch anderswo umsehen, diversifizieren wo nicht spezialisieren; da sucht jeder die eigene Strategie. Ganz gewiss aber wollen wir die Freiheit der Entscheidung nicht einbüßen, auch die, uns zu assoziieren, verbünden und zu kämpfen, wenn auch nur ansatzweise monopolistische Vertriebskanäle entstehen, die uns zu knebeln drohen. Die auch nur drohende Fesselung führt schnell zur Unfreiheit und ist wie im Schach oft der Anfang vom Ende. (Das ZVAB ist fürwahr noch der sympathischste der großen Dinosaurier.)
Aus diesem Grund sollten Antiquare sich auf ihre Motive besinnen, warum sie dem Ruf der Selbständigkeit einst gefolgt sind: größtmögliche Freiheit anzustreben. Das muss dann auch bedeuten, den Vertriebskanal im Internet einmal soweit möglich in die eigenen Hände zu bekommen, natürlich ohne unterwegs zu verhungern.
Diese Erkenntnis zeugte einst ich war nicht dabei die Internet-Plattform Prolibri, die im Eigentum 'der', will heißen vieler Antiquare ist. Sie muss noch wachsen, soll aber helfen, dass monopolistische Strukturen uns nicht so bald erdrücken. Deshalb sollten vorausschauende Kolleginnen und Kollegen eine Teilnahme an Prolibri anstreben und die dort Beteiligten der Prolibri-Kundschaft auch einen Vorteil einräumen Bücher dort eher/früher anzeigen, besondere Qualität bieten und/oder einen günstigeren Preis als anderswo.
Aus der Warte wirtschaftlicher Freiheit, mag sie auch nur eine Handlungs-Freiheit in begrenztem Rahmen sein, sollten wir uns im übrigen darauf besinnen, dass es die äußere (politisch-wirtschaftlich-soziale) Freiheit war und ist, die uns ermöglicht, nach unserer persönlichen Freiheit zu streben. Wir sollten uns deshalb auch in anderen Fragen gegen alle politischen oder religiösen Tendenzen zur Wehr setzen, welche die Freiheit mehr als für eine freie Gesellschaft unumgänglich einschränken wollen. Toleriere ein klein wenig Intoleranz und Unfreiheit, und du bekommst am Ende Totalitarismus (dieser oder jener Provenienz).
U. Quell
* PS. Was ist das Wesentliche? Das rettende Ufer unserer Traum-Insel? Wahrscheinlich nicht, wohl aber die Anstrengung, dahin zu gelangen, ein Ziel im Sinn zu haben, das uns wach und lebendig hält, nicht aufzugeben.