Antiquariat

Jahresrückblick 2008

8. Dezember 2008
Redaktion Börsenblatt
Ein ereignisreiches Jahr für den deutschsprachigen Antiquariatsbuchhandel geht zu Ende. Ein Rückblick auf wichtige Ereignisse. Folge 1, Januar.
Das Jahr 2008 beginnt mit einem Coup: am 6. Januar startet die europäische Buch-Plattform Marelibri in einer Beta-Version, unter Beteiligung des deutschen genossenschaftlichen Portals Prolibri. Mittlerweile ist es allerdings wieder recht still geworden um Marelibri; ob die Plattform gut angenommen wird oder nicht: unbekannt. Pressearbeit gibt es praktisch nicht, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Und der später im Jahr gestartete Marelibri-Blog ist, wie es scheint, längst eingeschlafen. Wenige Tage nach Marelibri tritt der 2007 begründete Verein "Antiquarischer Buchhandel Online" (ABOEV) mit einer Einladung zum Beitritt an die Öffentlichkeit. Neben dem Verband Deutscher Antiquare e. V. und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V. gibt es jetzt in Deutschland eine dritte Interessenvertretung für den Antiquariatsbuchhandel. Kernpunkte der Arbeit des ABOEV: "Existenzgründungsberatung im Bereich des antiquarischen Buchhandels", "Beratung und Vertretung unserer Mitglieder in rechtlichen Angelegenheiten", "Fortbildungen insbesondere im E-Commerce und IT-Technik" und "Branchenspezifische Öffentlichkeitsarbeit gegenüber der Verwaltung und Politik". Vorsitzender ist der Dortmunder Internet-Antiquar Wolfgang Höfs, stellvertretende Vorsitzende die Düsseldorfer Antiquarin Angelika Kiel. Die Antiquariatsmessen in Stuttgart und Ludwigsburg, noch ganz ungetrübt von der Finanz- und Wirtschaftskrise, verlaufen zur Zufriedenheit ihrer Veranstalter und wohl auch der meisten Aussteller. Erstmals gibt es ein für beide Veranstaltungen gültiges "Kombiticket". Über Ludwigsburg heißt es bei uns: "Der stark vertretene Handel aus den osteuropäischen Staaten, Russland und Italien zeigte sich besonders kauffreudig." Den Antiquaria-Preis erhält Hans Ries. Stuttgart glänzt nicht zuletzt mit einer interessanten antiquariatsgeschichtlichen Ausstellung und einer dazugehörigen Veröffentlichung von Reinhard Wittmann über "Antiquariatskataloge im 19. Jahrhundert". Im Rahmen einer ordentlichen Mitgliederversammlung am Stuttgarter Messefreitag wählt der Verband Deutscher Antiquare turnusgemäß einen neuen Vorstand. Der neue Vorsitzende ist der alte: der Tutzinger Antiquar und Autografenspezialist Eberhard Köstler. Köstlers neuer Stellvertreter ist der Berliner Antiquar und Auktionator Wolfgang Mecklenburg (J. A. Stargardt), der Ulrich Hobbeling ablöst. Hobbeling gehört dem neuen Vorstand als Beisitzer an. Aus der Schweiz kommt im Januar die für Traditionalisten betrübliche Nachricht von der Schließung des Ladenlokals des Basler Antiquariats Erasmushaus. Das Geschäft mit Büchern im unteren Preisbereich lohne sich angesichts der Internetkonkurrenz und des nachlassendes Interesses an alten Büchern immer weniger, wird Erasmushaus-Inhaber Timur Yüksel in der Presse zitiert. Basel sei außerdem zu provinziell, um Standort eines hochwertigen allgemeinen Antiquariats zu sein. Das Erasmushaus konzentriert sich zukünftig ganz auf den internationalen Handel, auf Messen und Kataloge. Eine Personalmeldung am Rand des Branchenzweigs ist der Wechsel von Programmierer Stefan Gläßer zum Softwaredienstleister w+h (inzwischen in Würzburg ansässig). Gläßer hatte bis Herbst 2007 die Plattform Antikbuch24 entwickelt und betreut – und war dort im Konflikt mit seinem Geschäftspartner Herbert Mueller ausgeschieden. Ein Anonymus kommentiert: "Da möchten wir nun schon gern wissen, wohin w+h durch Nacht und Wind reitet, Herrn Gläßer sozusagen warm im Arm, um bei Goethe zu bleiben." Wir wissen es immer noch nicht. Hinweis: Dieser Jahresrückblick ist gewiss nicht vollständig, sondern beruht auf einer subjektiven Auswahl.