Antiquariat

Amazon, Abebooks, Peter Mulzer, Renaissance des Antiquariatskatalogs?

17. Dezember 2008
Redaktion Börsenblatt
Am 1. August geschieht etwas Großes in der Welt des internationalen Gebrauchtbuch- und Antiquariatshandels. Aber was? Jahresrückblick Antiquariat 2008: Folge 8 (August).
Am 1. August erreicht uns eine knappe Pressemitteilung aus Seattle, die sich vielleicht einmal aus der Rückschau als DIE Nachricht des Jahres herausstellt: Amazon plant die Übernahme des in Kanada beheimateten Portals Abebooks. Besonders in der englischsprachigen Welt schlagen die Wellen hoch. Welche Strategie verfolgt Amazon mit der Übernahme? Verliert Abebooks, trotz ausdrücklicher gegenteiliger Versicherung, mittel- oder langfristig seine Eigenständigkeit? Was bedeutet die Entwicklung für den deutschen Sprachraum? Alle Fragen sind nach wie vor ungeklärt, auch nach dem offiziellen Abschluss der Transaktion, der Anfang Dezember bekannt gegeben wurde. Amazon hüllt sich in Schweigen. Die diesjährige Hamburger Antiquariatsmesse quod libet, die im November stattfinden sollte, muss abgesagt werden. Zu wenig Aussteller haben sich nach Auskunft der Veranstalterin Frauke Luckwaldt angemeldet. Im November 2009 soll es trotzdem einen neuen Versuch geben. Die vom Verband Deutscher Antiquare initiierte und mitgetragene Datenbank Auktionspreise Online wird im August um mehrere Teilnehmer unter anderem aus Österreich, der Schweiz, Schweden und Belgien erweitert. Die Online-Ausgabe des Jahrbuchs der Auktionspreise, vom Verlag Hauswedell für Juli angekündigt, lässt dagegen auf sich warten (siehe aber Folge 10 des Rückblicks). "Renaissance des Antiquariatskatalogs?" – Die Frage zu stellen heißt nicht, sie zu bejahen; aber es mehren sich Anzeichen für eine gegenüber den Vorjahren differenziertere Wahrnehmung dieses klassischen Antiquariatsvertriebsmittels. Die Zeiten eines Online-Optimismus sind endgültig vorbei, obwohl die allgemeine Presse weiterhin meist von den "Schätzen im Netz" fabuliert, die jeder ohne viel Mühe ausgraben könne (hat von den Schreiberlingen eigentlich jemand eine der Hauptbotschaften der "Tintenherz"-Verfilmung verstanden?). Besser dran ist derjenige, wie es scheint, der das Katalog- und Listenmachen nicht ganz verlernt hat. Ebenfalls im August ruft der Freiburger Antiquar Peter Mulzer (nicht zum ersten Mal) ein eigenes Antiquariats-Blog "Aus der Welt der alten Bücher" ins Leben. Die Seite versinkt allerdings bald wieder in einen bis heute dauernden Dornröschenschlaf. Eine naheliegende, wenn auch ungeprüfte Erklärung: gehen Troll und Hausherr ins eins, fallen für den Troll Motivation und Spaß an der Blog-Sache aus. Auch eine Spontanrevanche für den Ärger, den uns dieser Kollege schon eingebrockt hat, ist nicht drin: wir hinterlassen kurz nach dem Start einen harmlosen Kommentar auf Mulzers Seite, aber statt einer sofortigen Veröffentlichung erscheint folgender Text auf dem Bildschirm: "Die Prüfung von Kommentaren wurde aktiviert. Alle Kommentare müssen durch den Blog-Autor genehmigt werden." (Der Kommentar wurde dann verzögert vom Blog-Betreiber frei geschaltet.) Soviel zum Thema Liberalität auf Gegenseitigkeit im Web 2.0!