Streit um Asterix – diesmal ohne Festmahl?

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Erinnern Sie sich an den wunderbaren Asterix-Band „La Zizanie“ von 1970 – auf Deutsch unter dem Titel „Streit um Asterix“ 1973 erschienen? In dem Band wird ein ungeheuer talentierter Streitstifter ins gallische Dorf geschickt, um die berühmte Einheit der Gallier zu zerstören. Das gelingt auch, mit List. Tücke und cleverem Appeal an die persönlichen Eitelkeiten der Majest-, Automat-, Verleih-, Methusal- und sonstigen –ixe. Aber natürlich siegt der schlaue Asterix, die Römer kriegen Dresche und am Ende gibt es Wildschweinbraten.
Aber bis dahin geht es ordentlich zu Sache, so wie dieser Tage auch im Hause von Asterix-Erfinder Albert Uderzo (81). Uderzo-Tochter Sylvie beklagt das Einbrechen der Römer in das Dorf, und Papa sei Schuld daran. Der Grund für den Krach: Der betagte Herr hat im Dezember seinen 40-Prozent-Anteil am Verlag Albert-René an den Branchenriesen Hachette Livre verkauft. Und die Tochter des 1977 gestorbenen Mitvaters René Goscinny hat es ihm gleichgetan und ihre 20 Prozent ebenfalls an Hachette verkauft. Verbunden mit dem Handel ist die Erlaubnis an Hachette, auch nach Uderzos Tod weitere Asterix-Bände zu produzieren. Das sieht zunächst einmal aus wie ein durchaus vernünftiges Bestellen des Erbes 50 Jahre nach dem Erscheinen des ersten Asterix-Bandes. Mehr als 325 Millionen Exemplare sind seither in rund 100 Sprachen verkauft worden. Alle bis zum Tode Goscinnys erschienen Asterixe werden schon seit langem bei Hachette verlegt. Bei Albert-René sind lediglich neun Bände im Programm, zuletzt erschien 2005 der einhellig verrissene Band „Gallien in Gefahr“, in dem Ausserirdische ins Dorf kommen. Die Transaktion birgt also eigentlich nichts sonderlich Neues – eine bewährte Geschäftsbeziehung wird ausgebaut und weiter entwickelt. Trotzdem geht Sylvie Uderzo, die weiterhin selbst 40 Prozent an Albert-René hält und das Unternehmen bislang leitet, mit dem Papa hart ins Gericht: Mit Asterix, so schreibt sie jetzt in einem offenen Brief in „Le monde“, werde ihr „Bruder auf Papier“ verschachert, eine nationale Ikone, die jetzt dem Gott Mammon zum Fraße vorgeworfen werde. Buchhalter und Finanzspekulanten würden künftig über das Wohl und Wehe der Gallier wachen. Der Erfinder der aufsässigen Gallier habe damit gleichsam die Tore des gallischen Dorfes für den Ansturm der Römer eröffnet und den Zaubertrank widerstandslos an die Usurpatoren übergeben – und mit der Erlaubnis, dass Asterix über den Tod Albert Uderzos hinaus weiter leben dürfe, sei der kleine Gallier zum Büttel des großen Kapitals geworden. Aus dem Brief sprechen familiäre Querelen und persönliche Verletztheiten im Hause Uderzo, die hier nicht zu beurteilen sind – aber: kann man wirklich ganz glücklich sein, wenn man daran denkt, dass unser kleiner Held künftig seine Kämpfe im Dienste eines der größten Rüstungskonzerne der Welt ausfechten wird? Hachette Livre ist die Verlagstochter des Waffenproduzenten Lagardère. Und der verdient sein Geld damit, in der ganzen Welt die kleinen aufsässigen Widerständler zu vernichten. Der Herr Papa, so schreibt Sylvie Uderzo, habe mit dem Verkauf alle Werte aufgegeben, die von Asterix und seinen Getreuen verkörpert werden: „l'indépendance, la fraternité, la convivialité et la résistance“. Bleibt die Hoffnung, dass von irgendwoher eine Gutemiene oder ein Miraculix kommen, um die Chose zu lösen. Sonst sieht’s schlecht aus für das nächste Festmahl. Was nicht einmal die Wildschweine freuen dürfte. Holger Ehling war Leiter der Unternehmenskommunikation sowie stv. Direktor der Frankfurter Buchmesse und berichtet seit rund 20 Jahren als Reporter und Korrespondent für das Börsenblatt über die Buchmärkte der Welt.