Bücher würden auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, resümierte Reiner Blankenhorn, der bei Langenscheidt Herstellung und Informationsmanagement leitet. Nach einer kleinen Kunstpause setzte er nach: »Neue Medien allerdings auch«. Das Langenscheidt-Team hat das Wort Druckvorstufe deshalb aus seinem Wortschatz verbannt und stattdessen die »Medienvorstufe« eingeführt. Schließlich werden mit Langenscheidt-Substanzen ganz unterschiedliche Kanäle bedient. Elektronische Publikationen, so die Maxime, lassen sich nicht erst im Nachhinein aus gedruckten Buchprojekten entwickeln sondern aus ein- und demselben Datenpool parallel zum Printprodukt.
In einem Punkt waren sich die Experten, die am Freitag beim Mainzer Kolloqium die Brücke vom Studium zur Praxis schlugen, einig: Die gedruckten Buchauflagen werden weiter schrumpfen. Und damit auch das Geschäft der Drucker in Mitleidenschaft ziehen. Gleichzeitig, so die Prognose von Fachjournalist Kurt Wolf (»Deutscher Drucker«) würden E-Books und Internet-Angebote den Verlagen neue Zielgruppen erschließen: »Und die werden mehr lesen als vorher. So wie unsere Kinder heute mehr schreiben denn je wenn auch nur mit dem rechten Daumen«.
Den rund 200 Studenten und Verlagsmitarbeitern, die in die »Alte Mensa« der Mainzer Universität gekommen waren, gab Wolf einen Überblick über marktreife E-Book-Lesegeräte aber auch über die Leistungsfähigkeit moderner Druckmaschinen, etwa bei der Inkjet-Technologie. Eine neue Kodak-Maschine kann pro Minute 1000 Seiten im A4-Format beidseitig bedrucken, in hoher Auflösung. »Das einzige Problem: Eigentlich braucht das niemand. Hier ist eine Technologie auf der Suche nach ihrer Anwendung«, so Wolfs Fazit.
Er zeigte am Beispiel Diogenes auch, dass der Digitaldruck bei Kleinauflagen nicht immer das Mittel der Wahl sein muss. Durch standardisierte Formate und eine geschickte Bündelung der Aufträge bleibe der klassische Offsetdruck für die Schweizer auch bei kleineren Auflagen attraktiv.
Vorher hatte Friederike Künzel, Pressesprecherin bei Books on Demand in Norderstedt bei Hamburg, die Chancen des Print on Demand-Verfahrens erläutert. Christof Ludwig von der Geschäftsleitung der Bertelsmann-Tochter Mohn media machte deutlich, dass Druckereien heute weit mehr leisten als Vorstufe, Druck und Weiterverarbeitung, Klaus Kurz von Adobe Systems stellte Softwarelösungen bei der Herstellung von Büchern vor.
Silke Nalbach schließlich, Gestalterin aus Stuttgart, referierte in Mainz über ein Herzensthema der Buchwissenschaften: Das schöne Buch. Das wird heute immer aufwendigeren Veredelungstechniken unterzogen, von der Beflockung bis zum UV-Lack und neigt zur Gigantomanie. Nalbach, die vor allem für Kunstbuchverlage arbeitet, fürchtet jedenfalls: »Druckereien mit simplen Vierfarbdruckmaschinen dürften bald ausgestorben sein«. Gedruckte Bücher zum Glück nicht. Sie werden sich wohl immer weiter aufhübschen, um als »Objekt der Begierde« zu glänzen, gegenüber der Konkurrenz auf Bildschirmen wie auf Büchertischen.
14. Mainzer Kolloqium
»Buchproduktion: Status quo und Perspektiven«
am 23. Januar an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz
Veranstalter: Institut für Buchwissenschaft
Partner: Börsenverein, Internationale Gutenberg-Gesellschaft, Verein der Freunde des Instituts, Schwerpunkt Medien der Universität Mainz