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Die TIBE galt lange Zeit als Türöffner in die Buchmärkte Südasiens. Welche Rolle spielt die Messe heute?
Ren: Durch die Öffnung des chinesischen Buchmarkts nimmt die Internationale Buchmesse in Peking eine immer wichtigere Rolle im Lizenzhandel ein, vor allem im ostasiatischen Raum. Ein Großteil der Lizenzgeschäfte mit China geht in der Tat jetzt direkt über das Festland. Aufgrund der hohen Professionalität und der langjährigen Erfahrungen der taiwanesischen Buchbranche im Lizenzgeschäft ist die TIBE aber weiterhin eine der wichtigsten Buchmessen außerhalb Chinas für den gesamten asiatischen Markt.
Die Frankfurter Buchmesse ist Dauergast auf der TIBE, Sie sind zum ersten Mal dabei. Im Gepäck haben Sie mehr als 350 Titel aus 150 deutschen Verlagen - sowohl Comics als auch Kochbücher. Warum haben Sie sich gerade für diese Auswahl entschieden?
Ren: Die taiwanesischen Literaturfreunde haben sich schon immer für Novitäten aus Deutschland interessiert. Jedes Jahr stößt unsere Kollektion Literarische Neuerscheinungen" auf großes Interesse und wird von den Organisatoren der TIBE ausdrücklich angefragt. Die Kinderbücher sind ebenfalls ein höchst angesagtes Themengebiet beim Lizenzgeschäft auf dem asiatischen Markt, und auch die Kollektion "Schönste Bücher" hat schon eine lange Tradition auf der TIBE. Mit "Ernährung" und "Comic" haben wir dieses Jahr zwei neue Themenkollektionen zusammengestellt, die für den asiatischen Raum sehr interessant sind.
Nach welchen Titeln, schätzen Sie, werden die Besucher am häufigsten greifen?
Ren: Kinderbücher und STM-Fachbücher sind generell sehr gefragt.
Wie wichtig sind digitale Inhalte in Taiwan?
Ren: Taiwan ist im Bereich der Digitalisierung noch sehr vorsichtig. Weder E-Books noch Themen wie zum Beispiel Print on Demand sind weit verbreitet. Dies ist auf die Lesegewohnheiten zurückzuführen und auch darauf, dass Taiwanesen im Vergleich zu den Deutschen durchschnittlich weniger Bücher kaufen. Der Buchmarkt ist noch nicht reif für solche digitalen Vertriebswege.
Taiwan gibt sich als weltoffene, moderne Industrienation. Wie würden Sie die Kultur des Landes beschreiben und wie den Buchmarkt?
Ren: Die Kultur Taiwans ist eine gelungene Mischung aus Tradition und Moderne. Auf der Insel Taiwan wird die alte chinesische Tradition sehr intensiv, fast schon mehr als auf dem Festland gepflegt. Es werden zum Beispiel in Taiwan weiterhin die Langzeichen der chinesischen Schrift benutzt, während auf dem Festland die 1956 durch Maos Schriftreform vereinfachten Kurzzeichen die offiziellen Schriftzeichen sind. Auch die Religionen Daoismus oder Buddhismus werden in Taiwan von den rund 23 Millionen Einwohnern praktiziert und gelebt. Gleichzeitig ist Taiwan ein offenes und modernes Land mit vielen Einflüssen aus dem Westen. Was den taiwanesischen Buchmarkt angeht: Seit 2006 zeigt er Abwärtstendenz, der vor allem die kleinen und mittleren Verlage trifft. Die stationären Buchhandlungen haben einen starken Absatzrückgang, was vor allem an dem wachsenden Einfluss der Online Bookstores liegt.
Zur TIBE erscheint eine Übersetzung von Juli Zehs Roman »Das Schilf« in Taiwan. Ist Juli Zeh nur eine Ausnahme?
Ren: Meiner Erkenntnis nach ist Juli Zeh kein Einzelphänomen. Seit den 1990er Jahren sind viele deutsche Bücher in Langzeichen übersetzt worden und in Taiwan erschienen, etwa die Bücher von Cornelia Funke, Cornelia Funke, Judith Hermann, Daniel Kehlmann und Ildikó von Kürthy, Bernhard Schlink, Patrick Süskind und Uwe Timm.
Nach wie vor trennen die Nachbarländer China und Taiwan Welten, der Konflikt zwischen den beiden Staaten schwelt weiter. Welche Auswirkungen hat das auf die TIBE?
Ren: China und Taiwan sind momentan in einer politischen Annährungsphase. Beide Regierungen suchen Wege zu engerer wirtschaftlicher Kooperation. Seit Mitte 2008 gibt es Direktflüge zwischen einigen Großstädten wie Peking, Shanghai und Kanton mit Taiwan. Auf der TIBE sind offiziell keine Verlage vom chinesischen Festland vertreten. Aber seit 1988 fand bereits vier Mal eine spezielle Order- und Verkaufsmesse mit chinesischen und taiwanesischen Verlagen statt. Im September 2008 führte wieder ein chinesischer Minister für Verlagswesen eine 500-köpfige Verlegerdelegation Festlandchinas nach Taipei. Zwischen 1998 und 2006 verkaufte Taiwan 10.287 Lizenzen an das Festland und kaufte vom Festland 5.057 Lizenzen ein. Jährlich importiert Taiwan sechs Millionen Bücher aus dem Festland.
China ist 2009 Ehrengast der Frankfurter Buchmesse. Werden auch Verlage und Autoren aus Taiwan anreisen? Wie laufen die Vorbereitungen?
Ren: Für Linden Lin, Präsident der Buchmesse Taipei, ist es durchaus denkbar, dass im Ehrengast-Literaturprogramm Autoren vom Festland und von Taiwan gemeinsam auftreten werden. Vorbereitungen laufen bereits heiß, teils mit der starken Unterstützung und Vermittlung des BIZ Beijing, dem chinesischen Außenbüro der Frankfurter Buchmesse. Außerdem wird Taiwan in der internationalen Halle 6 als auch im Kinderbuch-Bereich der Halle 3.0 jeweils einen eigenen Auftritt haben.
Interview: Tamara Weise
Zahlen zum Buchmarkt Taiwan:
Der taiwanesische Buchmarkt hat einen Jahresumsatz von rund 1,79 Milliarden US-Dollar (Quelle: 2005 Survey of Book Publishing Industry, 2006 Kingstone Bookstore´s Annual Report). Es gibt mehr als 9.000 registrierte Verlage (davon ca. 500 aktive und davon wiederum ca. 30 große Verlage) und etwa 1.000 Buchhandlungen. Jedes Jahr kommen rund 40.000 Neuerscheinungen auf den Markt. Der Importumsatz beträgt jährlich rund 25 Millionen US-Dollar.
Weitere Informationen zur TIBE 2009 und zum taiwanesischen Buchmarkt finden Sie unter: