Während die veranstaltende staatliche General Egyptian Book Organisation (GEBO) freudig von zwei Millionen Besuchern spricht, mosern die Aussteller über dreckige und baufällige Hallen, das abstruse Leitsystem und Übergriffe der Zensurbehörden. Its a dump, sagte ein Freund aus Bahrein.
Alles also wie seit Jahren gewohnt. Seit Jahren auch quittieren die Aussteller die desolate Messeorganisation mit abnehmenden Teilnahmezahlen. Was einst selbstbewusst als - nach Frankfurt - zweitgrößte Buchmesse der Welt daherkam, war in diesem Jahr auf gerade mal 700 Aussteller zusammengeschrumpft. Das tut auch den Veranstaltern weh. Falls sie denn über Schmerzwahrnehmung verfügen was von vielen Ausstellern bezweifelt wird.
Das Grundproblem der Buchmesse in Kairo besteht in ihrem Veranstalter selbst: An der Spitze der GEBO, die rund 60 Prozent des ägyptischen Buchmarkts beherrscht, stehen verdiente Gefolgsleute der Regierung Mubarak was an sich nichts Ungewöhnliches ist, schließlich werden auch in Deutschland Staatsbetriebe als Latifundien für verdiente Parteisoldaten verwendet. Allerdings findet man hierzulande auf der operativen Ebene in der Regel gestandene Fachleute. Dies ist bei GEBO anders, auch auf dieser Ebene gilt das Prinzip der Beförderung per Katzbuckeln.
Mannigfach waren die Versuche der vergangenen Jahre, auf die Verantwortlichen bei GEBO einzuwirken: Die arabische Verlegerunion und die Verlegerverbände Ägyptens und des Libanon an erster Stelle, die Frankfurter und die Londoner Buchmesse, eine Korona von privaten Beratern boten Hilfe an. Doch seitens GEBO kam selten viel mehr zurück als die Aussage: Wir wissen genau was die Aussteller wollen weniger Geld zahlen.
Die Buchmesse in Kairo ist damit zum Spiegelbild geworden der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Ägypten die endlos scheinende Ära Mubarak ist zur bleiernen Zeit geworden, in der jeglicher Ansatz zu Besserung und Veränderung entweder unterdrückt oder mit breitem Gesäß zum Scheitern gebracht wird.
Und so betreiben die Organisatoren der Kairoer Buchmesse sehr effizient das Geschäft der Konkurrenz aus Abu Dhabi: Zum dritten Male findet dort im März eine Buchmesse unter Ägide der großen Mama aus Frankfurt statt. Sehr zum Ärger von Ägyptern, Libanesen und Maghrebinern, den traditionellen intellektuellen und verlegerischen Zentren der Arabischen also, denen beim Gedanken an die neureichen Koofmichs aus den Golfstaaten der grüne Neid ins Gesicht steigt. Niemand hatte eine moderne, professionell organisierte (und entsprechend teure) Buchmesse am Golf bestellt die Buchmärkte dieser Region sind mikroskopisch klein und Lesekultur ein Fremdwort. Aber: In Abu Dhabi wird die Messehalle sauber und praktisch sein, die angekündigten Seminare werden stattfinden, es wird ein halbwegs brauchbarer Publikumszuspruch da sein, und die Zensurbestimmungen gehören zu den erträglicheren in der Arabischen Welt: in der neuesten Rangliste der Pressefreiheit kommen die Emirate auf Platz 69, Ägypten auf Platz 146 von 173 Ländern.
Die Organisatoren aus Abu Dhabi konnten denn auch der Versuchung nicht widerstehen, gleich zum Auftakt der Buchmesse in Kairo den Tarzan zu machen: Per Pressemeldung wurde sich auf die breite Brust geschlagen und verkündet, die Messe in Abu Dhabi sei ausgebucht. Die Meldung selbst war purer Rauch sie bot keine Zahlen, keine Daten, nur die großsprecherische Behauptung. Aber das machte nicht wirklich etwas aus, der Effekt war erzielt: In Kairo wurde Abu Dhabi zum wichtigen Thema. Erst zwei Wochen später wurden dann Zahlen genannt (es kommen 500 Aussteller).
Die Schwäche Kairos sorgt dafür, dass der Upstart am Golf wächst und gedeiht. Und so werden auch dank des zuverlässigen Versagens der Messemacher in Kairo - nach Ende der Leipziger Buchmesse eine stattliche Zahl von Pilgern in Sachen Buch zum Golf aufbrechen. Schließlich wird jeder Lizenzvertrag, der (auch) in Abu Dhabi verhandelt wird, mit 1000 US-Dollar honoriert. Aber das ist eine andere Geschichte
Holger Ehling war Leiter der Unternehmenskommunikation sowie stv. Direktor der Frankfurter Buchmesse und berichtet seit rund 20 Jahren als Reporter und Korrespondent für das Börsenblatt über die Buchmärkte der Welt.