Interview

Corporate Publishing: "Es gibt noch Nischen"

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
2008 ist das Geschäft mit Corporate Publishing um 13,5 Prozent gewachsen. Wie können Fachverlage in Markt punkten? Ein Interview mit Michael Höflich, Geschäftsführer beim Forum Corporate Publishing.
Während das Geschäft in anderen Bereichen zurückgeht, fährt Corporate Publishing (CP) gute Umsätze ein. Warum ist der CP-Markt so lukrativ? Höflich: Dafür gibt es zwei Gründe: Unternehmen müssen sich im Wettbewerb der Aufmerksamkeit behaupten. Aus diesem Grund sind hochwertige Kundenmedien gefragt, für die die Unternehmen auch Geld in die Hand nehmen und professionelle Corporate Publisher beauftragen. Zweiter Grund: Klassische Werbung verliert nachweisbar an Wirkung. Das ist durch verschiedene Studien belegt. Kundenmedien kommt dadurch eine stärkere Beachtung zu. Wie sieht die Entwicklung in den einzelnen Bereichen B-to-C, B-to-B und interne Kommunikation aus? Höflich: Hohes Wachstum sehe ich vor allem bei der B-to-B- und internen Kommunikation. Im B-to-B-Bereich erkennen Kunden, dass man Geschäftskunden mit maßgeschneiderten Publikationen besser binden kann. Außerdem ist CP von Vorteil, wenn man schwierige Produkte an den Mann bringen will, wie in der Automobilindustrie oder im Bereich Medizin. In welchen Branchen gibt es besonders viel Nachfrage? Höflich: Besondere Wachstumssparten für B-to-B-Publishing sind Industrie, Technik und Pharma. Bei den Kundenpublikationen ist die Nachfrage in Handel und Tourismus groß. Touristik- und Handelsunternehmen gehen bei der Kundenkommunikation weg von reinen Katalogen und bieten Mischformen zwischen Magazin und Katalog, sogenannte "Magaloge". Gibt es viel Anteilsverschiebung der Anbieter untereinander? Höflich: Es gibt immer mal wieder einen Wechsel bei bei den großen Anbietern. Allerdings muss man sehen: Corporate Publishing ist ein längerfristiges Geschäft als klassische Werbung und erfordert einen tieferen Einblick in das Unternehmen. Einmal geknüpfte Beziehungen gibt ein Unternehmen nicht so schnell auf. Wo können Fachverlage Fuß fassen? Höflich: Der Markt verträgt noch neue Anbieter. Es gibt noch viele Wachstumsbereiche, die wenig besetzt sind. Technische Themen generell, insbesondere IT und Maschinenbau sind Felder, die Spezialwissen erfordern. Genau da können sich Fachverlage etablieren. Sehen Sie einen Trend, dass viele Fachverlage in das Business einsteigen wollen? Höflich: Wir bemerken das schon, aber es ist nichts Dramatisches. Es gibt aber noch viele andere Anbieter, die derzeit in den Markt drängen, beispielsweise die Werbeagenturen. Gibt es eine hohe Markteintrittshürde für Fachverlage im CP-Markt? Höflich: Die Investition muss nicht wahnsinnig hoch sein. Wenn ein Fachverlag eine Handvoll Profis ins Haus holt, kann man schon viel bewirken. Bei der Teamzusammenstellung sollte sich ein Fachverlag bewusst machen: Zum CP gehört mehr als nur redaktionelle Kompetenz und Design. Man muss auch den Dialog mit dem Kunden managen, sich Marketingverständnis ins Haus holen. Welche Hindernisse gibt es? Höflich: Die Dienstleistungsorientierung fehlt in vielen Fachverlagen, also die Ausrichtung auf die Ziele und Bedürfnisse des Kunden. Viele Fachverlage haben hier einen großen Nachholbedarf und müssen noch viel lernen. Bisher haben bei diesem Thema Agenturen die Nase vorne. Zudem: Corporate Publishing ist planungsintensiv. Wenn ein Magazin vier mal erscheint, und man mehrere Magazine zu betreuen hat, braucht man ein gutes Organisationskonzept. Darauf kommt es eigentlich an. Ist Zweitverwertung ein Holzweg? Höflich: Einem Buch nur einen Firmenstempel aufzudrücken oder eine Banderole rumzumachen, wird sicherlich nicht funktionieren. Es kommt auf ein intelligentes Arrangement der Inhalte an. Beispielsweise kann ein Kochbuchverlag mit wenig Aufwand ein Rezeptebuch für regionale Küche zusammenstellen. Welche Themen werden 2009 wichtig (Mobile, Crossmedia, Internationalisierung)? Höflich: Crossmedia beschäftigt die ganze Branche. Die Orchestrierung der einzelnen Medieninhalte ist eine zentrale Herausforderung. Die Internationalisierung ist auch ein Thema, aber sehr kundenabhängig. Mobile ist im Moment kein Thema, das ganz oben auf der Agenda steht. Mit Fachverlagen und drängen neue CP-Anbieter auf den Markt. Wie beurteilen Sie die Entwicklung? Höflich: Positiv. Es ist ein Zeichen, dass es der Branche gut geht. Wir sehen es allerdings nicht gerne, wenn Anbieter auf den Markt kommen, die mit Dumpingpreisen den Markt kaputt machen. Bisher bewegen wir uns mit CP in einem Bereich, wo es preislich nach unten keine großen Bewegungen gibt. Welche Rolle spielen Fachverlage als CP-Anbieter derzeit bei Pitches? Höflich: Keine große Rolle. Welche Eigenschaften sollte ein Unternehmen mitbringen, um als Anbieter von Coporate Publishing-Services erfolgreich zu sein? Höflich: Journalistische und grafische Kompetenz und den Willen zur individuellen Beratung. Man muss die Kommunikationsprobleme des Kunden verstehen und lösen wollen. Erst daraus ergeben sich die Kommunikationsmittel und nicht umgekehrt. Es reicht nicht, einem Kunden einfach ein Magazin vorzulegen. Verspielen Fachverlage ihre Glaubwürdigkeit? Höflich: Die Frage ist, wie transparent kommuniziert wird und wie klar ist die Trennung von redaktioneller Tätigkeit und CP-Geschäft. Es könnte schon Probleme geben, wenn ein Lektor an einem für einen Artikel recherchiert und am nächsten Tag bei der gleichen Firma auf Anzeigenaquise geht. Michael Höflich ist Geschäftsführung beim Forum Corporate Publishing in München. Der 1999 gegründete Verband hat derzeit mehr als 70 Mitglieder aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Verband ermittelt jährlich Branchenzahlen. Demnach ist der CP-Markt 2008 im Vorjahresvergleich um 13,5 Prozent gewachsen.