Programmauftakt mit Bad im Toten Meer

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Gast der 24. Jerusalem International Book Fair sein zu dürfen, ist ein ganz besonderes Erlebnis. Die ewige Stadt war für mich von frühester Kindheit an ein fast mythischer Ort.

Schon damals, als ich noch in Budapest lebte, schlossen unsere Gebete an hohen jüdischen Feiertagen den Wunsch ein, „Nächstes Jahr in Jerusalem!“ zu feiern. Im damaligen kommunistischen Ungarn klang dieser Satz allerdings ganz utopisch, war doch das Reisen in nicht-kommunistische Länder strengstens verboten. Einige Jahre mussten daher verstreichen, bis es mir vergönnt war, Jerusalem zu besuchen.

 

Ähnlich ging es mir mit meiner Bewerbung um die Teilnahme am sehr begehrten Lektoren- und Agentenprogramm der Jerusalemer Messe. Erst nach zwei Ablehnungen erhielt ich beim dritten Anlauf eine Zusage. Das Begleitprogramm der alle zwei Jahre stattfindenden Jerusalemer Buchmesse, ist darauf angelegt, Lektoren und Agenten in einem äußerst konzentrierten Programm, nicht nur in die hiesige Verlagslandschaft Einblicke zu geben, sondern auch in die politischen Vorgänge des Landes einzuführen und mit den touristischen und intellektuellen Highlights des Landes vertraut zu machen. Ein durchaus beabsichtigter Nebeneffekt dabei ist, dass sich die internationalen „fellows“, die von morgens bis spät abends eine Woche gemeinsam verbringen, besser kennenlernen und ein Netzwerk entfalten.

 

Dass das Programm mit einem gemeinsamen Bad im Toten Meer und dessen mineralreichem Schlamm beginnt, ist sehr helfreich bei der Bildung des Kollektivs. Zur Pflege dieses Netzwerkes werden alle einstigen Teilnehmer jährlich am Donnerstag zum gemeinsamen Frühstück auf der Buchmesse eingeladen. Solche Netzwerke sind in meinem Beruf als Rechteverkäuferin Gold wert, denn gute Kontakte sind sehr wichtig. Den inhaltlichen Auftakt des Programms, das diesmal 42 Lektoren und Agenten aus 15 Ländern für eine Woche in Jerusalem zusammenbringt, lieferte der Journalist Gideon Lichfield mit seinem überzeugenden Gemälde der widerstreitenden politischen Kräfte, die das Land politisch prägen. Er legte nachvollziehbar dar, wie israelische Politik sich seit 1967 an dem Anspruch, ein jüdischer Staat zu sein, eine demokratische Regierung zu haben und dem Wunsch nach einer großisraelischen Lösung abarbeitet.

 

Für ein so kleines Land wie Israel ist seine Buchlandschaft mit 1.452 Verlagen erstaunlich groß. Viele unter ihnen sind religiöse Verlage, deren Veröffentlichungen nur eine eingeschworene Käuferschicht erreichen, wie manche Orthodoxen nur jene Produkte konsumieren, die von ihrem Rabbinat als koscher aufgelistet werden. Die Jerusalemer Buchmesse hat sich zum Ziel gesetzt, den einander widerstreitenden Stimmen, die die gegenwärtigen intellektuellen Debatten prägen unter ihrem Dach Stimme zu verleihen. Auf ihrer Bühne treten nicht nur allseits angesehene Autoren wie Amos Oz oder David Grossmann auf, sondern auch umstrittene Denker, wie der Systemkritiker und Pazifist Avraham Burg, ein einstiger Knesset-Abgeordneter, dessen Werk „Hitler bekämpfen“ in Israel wochenlang auf der Bestenliste stand und eine leidenschaftliche Debatte entfesselte. Mit der Ausnahme der deutschen ist das Buch inzwischen in alle „großen“ Sprachen übersetzt.

 

Mit insgesamt 600 Ausstellern, die auf der diesjährigen Jerusalemer Buchmesse in 30 Sprachen ihre Bücher anbieten, ist sie immer noch eine sehr überschaubare Messe. Termine können ganz im Gegensatz zur Frankfurter und zur Londoner Buchmesse spontan, fast auf Zuruf vereinbart werden und gerade die Verlagsspitzen, die auf den anderen Messen so gut wie nicht erreichbar sind, kann man hier auch spontan antreffen. Dieses Jahr ist Ungarn Gastland der Buchmesse, als habe man die hässlichen antisemitischen Ausfälle vergessen, die die Verleihung des Nobelpreises an Imre Kertész in Ungarn nach sich gezogen hatte. Zu wünschen wäre, dass die diesjährige Buchmesse, in dessen Rahmen auch palästinensische Autoren auftreten und lesen, einen Beitrag zum Frieden des Landes leisten kann, damit wir nicht ständig weiter darum beten müssen, dass der Frieden, der dieses Jahr noch Utopie ist, nächstes Jahr endlich, Wirklichkeit wird. Da die Teilnahme an diesem Programm nur über persönliche Empfehlung möglich ist, möchte ich mich an dieser Stelle bei Wolfgang Beck und bei Ita Kaufmann ganz herzlich dafür bedanken, dass sie ermöglicht haben, dieses Jahr dabei zu sein.

 

Susanne Simor, Foreign Rights Manager Verlag C.H.Beck