Monopole sind öde, Konkurrenz dagegen belebt das Geschäft. Das gilt seit vergangenem Jahr auch für Nachweise von Zuschlägen der Buch- und Autografenversteigerungen in Deutschland und umliegenden Ländern. Während das über fast drei Jahrzehnte erschienene "Taschenbuch der Auktionspreise alter Bücher" (bekannter unter dem Verlegernamen als "Radtke") wegen seiner Ungenauigkeiten ein halbgares Angebot für sparsame Antiquare und Sammler war, stehen sich erstmals zwei ernsthafte Konkurrenten mit Online-Angeboten gegenüber.
Dies ist einmal die seit Sommer 2008 beworbene Datenbank Auktionspreise Online (
http://www.auktionspreise-online.de) des Verbands Deutscher Antiquare. Auf der anderen Seite steht JAP Online (
http://www.bookauctionrecords.org), die von Juniorverleger Florian Hiersemann betreute Internet-Version des Jahrbuchs der Auktionspreise für Bücher, Handschriften und Autographen (JAP), das es in gedruckter Form seit 1951 gibt. Erfasst werden von JAP Online nach Verlagsangabe rund 579.000 Einträge der JAP-Jahrgänge 41/1990 bis 58/2007.
Im Folgenden geht es in erster Linie um JAP Online (die Verbandsdatenbank wurde hier bereits während der Testphase vorgestellt). Die Besprechung ist vorläufig, weil erst eine intensive praktische Nutzung zeigen kann, welches Angebot für welche Zwecke besser ist oder ob die Registrierung bei beiden Anbietern empfehlenswert ist. Ein ausführlicher Testbericht erscheint voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte in der Zeitschrift "Aus dem Antiquariat".
Erster Eindruck von JAP Online: Die Benutzeroberfläche ist gestalterisch ziemlich schlicht aber das ist für professionelle Nutzer eigentlich kein Nachteil. Gesucht werden kann etwa nach Name, Titel, Ort, Untertitel und Erscheinungsjahr. Auch die Eingrenzung der Suche auf eines der drei "Kapitel" des Jahrbuchs (Bücher, Autografen, Handschriften) oder auf eine bestimmte Zuschlags-Bandbreite ist möglich, ebenso die Suche nach Auktionshäusern. Schließlich gibt es eine "Merkliste", in die markierte Titel zur leichteren Bearbeitung exportiert werden können. Die allermeisten Funktionen sind selbsterklärend, und die Anwendung der Datenbank dürfte deshalb mit etwas Übung ohne Weiteres möglich sein. Die "Hilfe"-Seite könnte trotzdem ausführlicher sein. Vielleicht sollten ausgewählte komplexe Suchverknüpfungen sogar mit Screenshots beispielhaft vorgestellt werden?
Dass "Rückgänge" im Gegensatz zu APO Online hier nicht verzeichnet werden, ist vielleicht zu verschmerzen. Ohne Rückgriff auf die gedruckten Kataloge zumindest der wichtigsten Auktionshäuser scheint der private Nutzer allerdings doch eingeschränkt. Es handelt sich nicht nur um "werbende Texte", wie die Verlagswerbung sagt. Auf den zweiten Blick erscheint die Frage, wie sich das Preisverzeichnis zu den gedruckten Katalogen verhält, allerdings verwickelter. Denn nichts desto trotz ergeben Stichproben in JAP Online fast immer eindeutige Ergebnisse für eine Preisgestaltung bzw. informieren bei häufiger versteigerten Titeln über Marktpreise und das ist schließlich Hauptzweck von JAP Online. In der Abdeckung der ersten Hälfte der 1990er Jahre liegt eine weitere Stärke von JAP Online.
Positiv ist außerdem die neue, flexiblere Preisgestaltung, die mit JAP Online einhergeht. Wer auf das gedruckte Jahrbuch nicht verzichten möchte (wofür es ja gute Gründe gibt), kann es zusammen mit dem Online-Zugang bestellen (ohne die CD-ROM); aber auch der Erwerb ausschließlich der Online-Nutzung ist möglich, ebenso die Dreier-Kombination von Jahresband, CD-ROM und JAP Online.
Angekündigt ist von Florian Hiersemann eine Senkung der Preisschwelle von 150 auf 100 Euro, es werden also künftig auch niedrigere Zuschläge verzeichnet werden. Ist bereits an die aller Voraussicht nach stark an Bedeutung gewinnende mobile Internetnutzung gedacht? Könnte das Angebot, eventuell im Zuge einer Kooperation mit einem Plattform-Partner, auch um verifizierte Verkäufe aus dem internationalen Online-Handel erweitert werden, natürlich mit entsprechender Kennzeichnung? Sind internationale Nachweis-Verbünde denkbar, die im hochpreisigen Bereich nicht ohne Relevanz sein dürften? Wie sieht es mit offenen Schnittstellen zu einschlägiger Software aus?
Es wird sich zeigen, wie innovativ der Stuttgarter Verlag Hauswedell sein Produkt in den nächsten Jahren weiterentwickelt. Von den kontinuierlichen Erweiterungen und Ergänzungen des Online-Angebots wird abhängen, ob das Jahrbuch seine langjährige Marktführerschaft behält.
Nachtrag
In der jüngst erschienenen Ausgabe 2009/2010 des Handbuchs des Verbands Deutscher Antiquare, das sich nicht zuletzt an private Sammler und Bibliothekare richtet, findet sich auf der Seite 44 folgende bemerkenswert freimütige Aussage:
"Über 50 Jahre lang sind die grünen
Jahrbücher der Auktionspreise ein untrügliches Zeichen dafür, dass man sich in einem Antiquariat befindet. [
] Umso erstaunlicher, dass es bis vor Kurzem keine Online-Version der
Jahrbücher gab. Auch haben sich wohl die meisten Kollegen schon über die schwierige Handhabbarkeit und die gekürzten Daten des 'JAPs' gewundert. Hinzu kommt: In den öffentlichen Bibliotheken stehen die
Jahrbücher in den Lesesälen; allseits zugänglich sorgen sie für eine Markttransparenz, die eine vernünftige Preisfindung des Antiquars nicht eben erleichtert."