Überhaupt: keine Transparente, keine lauten Proteste, ab und zu untermalte ein leises Gemurmel das Gespräch. Das wars. Das Publikum, darunter manche aus dem Verlag in der Lindenstraße, hörte nur zu. Vielleicht war es die Müdigkeit, die Resignation, vielleicht auch etwas wie Einsicht in das Unabänderliche nach den aufregenden Wochen zuletzt.
Die Antworten von Sparr, die Fragen von Ehling schienen das zu unterstreichen: Ist nicht längst alles gefragt, alles gesagt? Suhrkamp zieht um. Ob der Verlag in Berlin reüssieren kann, wohin er sich entwickelt, das bleibt abzuwarten. Nein, es ist nicht alles gesagt. Von Thomas Sparr war nichts Entscheidendes zu erfahren. Es wird auf öffentlicher Bühne auch kaum verkündet werden. Man wird die Entwicklung verfolgen, die Lage des Verlags ablesen müssen: an den Büchern, am Verkaufserfolg oder -misserfolg, an der Stimmung im Haus, an der Haltung des Buchhandels und so weiter.
Was bleibt vom Hauptteil des Abend? Ein sichtlich nervöser Thomas Sparr hat sich keine Blöße gegeben. Hat routiniert geantwortet, hat vor allem Allgemeinplätze und Absichtsbekundungen wiederholt: »Die Entscheidung für Berlin ist keine Entscheidung gegen Frankfurt«. Etc. Was man als Geschäftsführer halt so sagt. Was ein Schraubenfabrikant, ein Schuhverkäufer so auch hätte erklären können. Immerhin, Sparr hat dann auch gesagt, dass sich abzeichnet, dass alle Lektoren mit umziehen und alle leitenden Mitarbeiter. Das Internet soll ausgebaut werden. Und vor Experimenten will sich der Verlag nicht scheuen: »Ankündigungen auf dem Handy« - formulierte Sparr.
Zuletzt wurde es aber noch ein Gespräch, das weiter fortzuführen notwendig ist. Aber da ging es dann nicht mehr um den Berlin-Umzug, sondern um den Buchmarkt, um die Konkurrenz zwischen mittelständischen Unternehmen wie Suhrkamp und Konzernverlagen – egal, ob unterstützt von Bertelsmann oder Holtzbrinck, um Programmstrategien, um qualitätsvolle versus seichte Bücher. »Durch die Politik von Rowohlt und Fischer ist Suhrkamp einem Wettbewerb ausgesetzt, der uns nicht gefällt. Wir werden unser Profil nicht verändern, indem wir uns am Marktgängigen orientieren«, sagte Sparr. »Wir können und wollen nicht die Bücher machen, die die Filialisten am besten verkaufen« Ein Titel wie die »Die Leber wächst mit ihren Aufgaben« (Rowohlt) sei bei Suhrkamp auch künftig ausgeschlossen. Sparr weiß natürlich zugleich, dass sich der Verlag auf dem Markt behaupten muss und nicht gegen ihn wird behaupten können. Wie der Spagat gelingt zwischen Qualitätsanspruch und wirtschaftlichem Erfolg – das zu probieren und darüber zu debattieren, das könnte lohnend, das verspricht spannend zu sein.