Glosse

Knietief in fiktivem Blut

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Der Krimifrühling ist da. Ganz anders als sein Bruder, der laue Lenz, kommt er bis an die Zähne bewaffnet, mit bluttriefenden Lefzen von hinten angeschlichen, auf dem Rücken einen schweren Sack mit Spannungsfutter. Börsenblatt-Redakteur Michael Roesler-Graichen hat ihn observiert.

Im mitgeschleppten Sack lauern Novitäten ohne Ende: von »Im kalten Licht des Frühlings« über »Das Gesicht der Schuld« bis »Suspect«. Hardcover und Taschenbücher, die alle – glaubt man den PR-Sprüchen und -Banderolen – das Zeug zum Bestseller haben und die doch nur eins bewirken: die Überflutung der Sortimente mit Serienware, die sich im Titel, in der Aufmachung oder in der Handlung ähnelt.

Es wäre sicher interessant, einen Computerlinguisten ausrechnen zu lassen, wie hoch die Plot-Kongruenz bei mehreren Tausend Spannungstiteln ist, die pro Saison in den Handel kommen. Das Neue, Unerhörte, Genre-Sprengende – es spielt sich wohl nur im Pro­millebereich ab. Klar, der Umsatz muss stimmen – doch nicht um jeden Preis.