Eine ungewohnte Sophie Rois war das, die im Brechthaus
aus dem Briefwechsel las. Brüchig, doch sehr klar, sehr
entschlossen, interpretierte sie die Sehnsucht der Dichterin nach dem
Geliebten, und nach Jahren ihre endgültige Emanzipation von ihm. In
diesen Briefen geht es kaum um Literatur. Sie sind, wie Klemens
Renoldner es formulierte „eine Verwaltung der Problematik von Ferne
und Nähe.“ Als Herausgeber Hans Höllner um Verständnis für Paul Celan
warb, der die Geliebte lange nicht als Schreibende wahr genommen hat,
entwickelte sich das Podiumsgespräch dank der kratzigen Anmerkungen
von Sophie Rois (wie wir sie kennen und lieben!) zu einer kleinen
Geschlechterdebatte. Der überheizte, enge Raum kochte kurz mit Buh-
Rufen, Pfiffen und Beifall auf.
Kathrin Schrader