Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik

Schmierstoff im Literaturbetrieb

23. Juli 2015
Redaktion Börsenblatt
Der Journalist Gregor Dotzauer hat heute den Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik erhalten. Die Auszeichnung wird jährlich vom Börsenblatt vergeben und zeichnet Personen aus, die in einer besonderen Weise literaturkritisch wirken. Kerr-Preisträger Gregor Dotzauer warnte in seiner Rede vor einem Niedergang der Kritik. Die „Mühlen der Zeitungsroutine“ behinderten mehr und mehr das „Reflexionsvermögen ohne Ansehen von persönlichem Talent und Temperament“. Der Platz für Literaturkritik in Zeitungen werde zunehmend eingeschränkt, so auch beim „Tagesspiegel“, für den Dotzauer schreibt.

 Auf dem Vormarsch seien „literaturbetriebliche Schmierstofflieferanten“, die sich zu „keinem analytischen Blick ins Innere der Werke“ verführen ließen. Hinzu kämen „Heere von Amateurexperten“. Dotzauer zeigte sich überzeugt, „dass wir uns an einem journalistischen Wendepunkt befinden“ Seine wenig ermutigende Analyse schloss Dotzauer jedoch mit einem grimmig kämpferischen Versprechen: „Ja, ich will widerstehen.“

Galiani-Verleger Wolgang Hörner lobte Dotzauer denn auch als „vielleicht zurückhaltendsten Fanatiker in Sachen Literatur in Deutschland“. In seiner Laudatio würdigt er ihn „weniger als Urteilsfäller denn als argumentativen Erzähler“: „Er ist kein Regelpapst; nicht er legt Maßstäbe an die Literatur an und misst sie daran, die Texte selbst tun es.“

Gottfried Honnefelder, der Vorsteher des Börsenvereins, hatte Dotzauer zuvor als „feingeistigen Kämpfer oder kämpferischen Feingeist“ charakterisiert. Der Preis, möge, so Honnefelder, ihm bei diesem Kampf einige „Stellungsvorteile“ einbringen.

Zur Laudatio von Wolfgang Hörner und der Rede von Gregor Dotzauer: