Auf dem von BÖRSENBLATT-Redakteurin Sabrina Gab moderierten Podium waren neben Anne von Bestenbostel die Medien-Dienstleister Matthias Voigt (Literaturtest) und Lars Koopmann (Litvideo) sowie von Verlagsseite Marco Verhülsdonk (KiWi) und Mathias Siebel (Lübbe) zu Gast.
Derzeit, das zeigte die Diskussion in Leipzig, geht es nicht mehr um das ‚ob’ des Einsatzes von bewegten Bildern in der Buchbranche – sondern vielmehr um’s ‚wie’. So beliefert Lars Koopmanns vor drei Jahren in Hamburg gestartete Agentur Litvideo nicht nur Verlagskunden, sondern auch den stationären Buchhandel, über den in Deutschland noch immer das Gros des Buchumsatzes generiert wird. Derzeit erhielten 80 Buchhandels-Partner in Deutschland Trailer und Abspiel-Stationen mit Displays für die gefeatureten Bücher. Für die Buchhandlung ist das Angebot kostenlos, die Verlage zahlen. 90 Prozent der belieferten Buchhandels-Partner, so Koopmann, seien mit dem Angebot zufrieden – doch augenscheinlich fahren größere Flächen mit dieser Art der Buchwerbung besser: Buchhändlerin Anne von Bestenbostel brach das Experiment wieder ab: „Der Film störte zwar nicht, aber gebracht hat er auch nix.“ Während Bestenbostel bewegte Bilder etwa als „Ergänzung zur Vorschau“ durchaus interessant findet, bleibt sie beim Einsatz am POS skeptisch: „Da komme ich mir vor wie im Baumarkt, wo die billige Wandfarbe angepriesen wird.“
Matthias Voigt, der mit seiner Agentur Literaturtest derzeit hauptsächlich Porträtformate (unter anderem für Suhrkamp zu Enzensbergers „Hammerstein“ oder Tellkamps „Turm“) produziert, ist vor allem von den flexiblen Einsatzmöglichkeiten der Filme überzeugt – die reichen verlagsintern von der Vertreterkonferenz bis zur Flankierung der Pressearbeit. Zum anderen werden die von der Machart an klassische TV-Magazinbeiträge erinnernden Filme aber auch auf Portalen wie Youtube vom Endverbraucher angeklickt. Ganz billig ist der Spaß allerdings nicht – die Frage nach den Kosten beantworte Voigt eher vage. „Ab 2500 Euro“ seien die Dienste von Literaturtest zu haben; einen achtminütigen Spaziergang mit Uwe Tellkamp über den Weißen Hirsch in Dresden gibt es dafür sicher nicht.
Während Lübbe bei Video-Buchtipps unter anderem mit Privatsendern wie RTL zusammenarbeitet, brachte Kiepenheuer & Witsch 2008 den Trailer zum aktuellen Roman von Christian Kracht sogar in ausgewählte Kinos. „Da der Autor im Netz stark gefragt ist, haben wir eine reine Online-PR-Kampagne gefahren“, berichtete Marco Verhülsdonk. Der Erfolg scheint den KIWi-Werbern recht zu geben: Der vollanimierte Trickfilm wurde nicht nur auf den Seiten von Verlag und Autor angeklickt, sondern hat sich im Internet gestreut. Zauberwort virales Marketing: Der Trailer ist inzwischen auf fast 300 Internetseiten, u. a. auch jenen großer Zeitungen und Magsazine, zu sehen.
Werden Buch-Trailer bald so selbstverständlich wie Musikvideos sein? Literaturtest-Chef Voigt sieht immerhin gute Chancen für das Medium, da auch das klassische Feuilleton immer mehr zu personalisierten Geschichten und Homestories neige: Gerade die könne man ideal im Film transportieren. Und welches Volumen nehmen die bewegten Bilder innerhalb des Marketing-Budgets der Verlage ein? Während Lübbe bei „großen Büchern“ zwar noch auf „Print als Lead-Medium“ baue, würde tendenziell mehr in TV- und Online-Werbung investiert. „Bei den Trailerformaten wird zur Zeit viel ausprobiert“, so Mathias Siebel. „Das Spektrum reicht vom Realdreh bis zur animierten Typografie." KiWi-Mann Verhülsdonk fühlt sich angesichts der derzeitigen Situation an die Kindertage des World Wide Web erinnert, als zwar „jeder eine Homepage“ hatte, Qualitätsstandards aber Mangelware waren. Auch jetzt tummelten sich viele Dienstleister auf dem noch relativ unbeackerten Markt: „Vom fernsehtauglichen Sketch bis zur animierten Leseprobe ist alles möglich. Das Format steckt noch in den Kinderschuhen. Wir probieren viel aus – aber nicht jedes Buch braucht einen Film!“ Der neue Grass in der Heavy Rotation auf MTV ist eher nicht zu erwarten. Das Ohr ganz dicht an der Zielgruppe zu haben lohnt sich für Verlage aber allemal.