Auch werden Punktschriftbücher nicht über den bekannten Zwischen- und Bucheinzelhandel vertrieben. Man könnte meinen, sie gehören nicht ins Sortiment. Und tatsächlich würde es sich wohl kaum lohnen, Bücher für Blinde darin aufzunehmen. Denn wie ich bereits berichtet habe, gibt es kaum Leser, die auf Punktschriftausgaben angewiesen sind. Deshalb könnte keine stationäre Buchhandlung mit Braillebüchern Gewinn machen. Oder etwa doch?
Manchmal träume ich davon, dass ich in einer Stadt wie Marburg, wo vergleichsweise viele Blinde leben, in eine Buchhandlung gehen und dort einfach so stöbern könnte wie jeder Sehende auch. Die Bücher nicht nur in die Hand nehmen und anfassen, sondern auch ein bisschen hineinlesen. Das wäre doch wunderbar! Eigentlich ein richtiger Fortschritt. Und der ließe sich meiner Meinung nach auch umsetzen, indem man das Sortiment mischt: Hauptsächlich Bücher für sehende Kunden und daneben noch einige wenige für die Zielgruppe der blinden, zum Beispiel auf einem separaten Büchertisch.
Die Frage wäre dann nur: Welche Punktschriftbände sollen hier ausgelegt werden?
Ich habe gelesen, dass auf der letzten Frankfurter Buchmesse 400.000 Neuerscheinungen präsentiert worden sind. Kann das wirklich sein? So weit ich informiert bin, hat es im Geschäftsjahr 2007 ca. 97.000 Neuerscheinungen gegeben. Aber ob nun 400.000 oder nur ein Viertel davon: Die Zahlen sprechen so oder so für sich, wenn man ihnen die Auswahl gegenüberstellt, welche blinde Leser bekommen. So haben die in Medibus - dem VLB der Blinden - verbundenen Braille- und Hörbücherproduzenten im deutschen Sprachraum zur Frankfurter Buchmesse nicht mehr als ca. 500 Braille-Titel und ca. 1500 DAISY-Bücher mitgebracht. Mehr wird hier pro Jahr nicht produziert. Und dabei handelt es sich dann auch nicht zwingend um Neuerscheinungen, sondern diese Zahlen beinhalten auch die Bestseller der letzten Jahre.
Ich kann zwar nachvollziehen, warum es nicht mehr Bücher sind. Aber irgendwie finde ich es trotzdem erstaunlich, wenn nicht erschreckend. Immer dann, wenn ich einen neuen Lieblingsautor finde und gerne alle seine Werke verschlingen würde, stößt das Sortiment für Blinde schnell an seine Grenzen. Logisch! Da nur so wenige Bücher hergestellt werden, muss das Sortiment selbstverständlich entsprechend breit gefächert sein, damit jeder etwas finden kann. Daher liegen beispielsweise für mein Studium - und hier insbesondere für die Buchwissenschaft - nur äußerst wenige in Brailleschrift vor.
Befriedigend finde ich diese Situation natürlich nicht. Aber es ist und bleibt nun einmal die Nachfrage, die das Angebot bestimmt und die ist alles andere als hoch.
Doch bevor ich mich nun zu sehr in meinem Frust verliere, sollte ich noch einmal zwei Stichworte aufgreifen, die in diesem Blogbeitrag gefallen sind: Zum Einen DAISY, ein Format, das dem gewöhnlichen Buch für Sehende schon ziemlich nahe kommt. Zum Anderen aber Medibus, das VLB der Blinden. Und wie dieses funktioniert, erfahren Sie in der kommenden Woche.